Helmut Oberdiek * 18.9.1947 — † 27.4.2016
Das
strukturelle
Problem (Umgang mit Foltervorwürfen und Verwenden
erfolterter Aussagen
als Beweis)
Ich
kann das strukturelle Problem ("pattern")
wie folgt beschreiben:
Die
mit der Aufklärung von
Straftaten beauftragte Polizei (auf dem Land die Gendarmerie) hatte und
(in der Mehrheit) hat immer noch die Angewohnheit, nicht anhand von
Beweismitteln
die Täter zu ermitteln, sondern sie versuchte (und versucht), über
die Verdächtigen an die Beweismittel zu gelangen. Die
Staatsanwaltschaften
(quasi als Auftraggeber der Sicherheitskräfte) haben die bei einer
solchen Vorgehensweise (fast zwangsläufig) angewandten verbotenen
Verhörmethoden entgegen der Vorschrift nicht kritisiert.
Die
ungesetzlich erzielten "Fahndungserfolge"
schlugen (und schlagen) sich in Protokollen (fezleke) der
Sicherheitskräfte
an die Staatsanwaltschaften nieder. In der überwiegenden Zahl der
Verfahren (besonders der politischen Verfahren) findet sich das
Protokoll
der Ermittler fast identisch in der Anklageschrift und am Ende auch im
Urteil wieder.
Sowohl
in den Verhören mit
dem Ziel, eine Anklage zu erheben, bzw. Haftbefehle auszustellen als
auch
in den Hauptverhandlungen haben sich Staatsanwälte und Richter
sozusagen
"taub" gestellt, wenn Foltervorwürfe erhoben wurden. Sie sind ihrer
Verpflichtung, sofort Ermittlungen einzuleiten, nicht nachgekommen und
haben keine eigene Einschätzung der Korrektheit solcher Vorwürfe
vorgenommen. Hierzu wären sie aber verpflichtet gewesen, bevor sie
über die Verwertbarkeit von Aussagen entscheiden, die auf solche Weise
entstanden sind.
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