DHKP-C und Devrimci Sol

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DHKP-C (Devrimci Halk Kurtuluş Partisi-Cephe - Revolutionäre Volksbefreiungs-Partei-Front)

Gründung: 30. März 1994

Leitung: Dursun Karataş

Publikationen: Devrimci Sol als illegales Organ der DHKP-C und Kurtuluş als legale wöchentliche Zeitschrift und Devrimci Halk Kurtuluş Cephesi Bülteni.

Die DHKP-C ist die organische und ideologische Fortsetzung der Devrimci Sol. Die Devrimci Sol, welche 1977 gegründet wurde, hat sich am 30. März 1994 zur Partei proklamiert. Das Verständnis der DHKP-C setzt die Kenntnis der Geschichte der Devrimci Sol voraus.

DEV-SOL

(Devrimci Sol - Revolutionäre Linke)

Gründung: Die Abspaltung der Dev-Sol von der Dev-Yol begann anfangs 1977 um Bülent Uluer und Paşa Güven u.a. herum. Mitte 1978 deklarierte sich die Dev-Sol zu einer unabhängigen Organisation.

Leitung: Klar hierarchisch organisiert. Als Leiter wird Dursun Karataş betrachtet.

Publikationen: Devrimci Sol, Yeni Çözüm, Devrimci Çözüm, Mücadele, Tavır, Kültür ve Sanatta Tavır, Kültür ve Sanatta Halktan Yana Tavır

Ideologie und Ziele

  • - Unabhängiger Sozialismus.
  • - Sympathien für Kuba.
  • - Unterschied sich von der Dev-Yol durch ihre Kampfstrategie: Kampf nicht nur als Verteidigung, sondern auch als Angriff, dies im Gegensatz zur pazifistischen Tradition der türkischen Linken in den letzten 50 Jahren.
  • - Gegen die von Dev-Yol gegründeten Widerstandskomitees eingestellt, da diese in den Augen von Dev-Sol lediglich die Aufgabe der Selbstverteidigung übernehmen könnten.
  • - Die Devrimci Sol kritisierte die Devrimci Yol, da jene in ihren Augen die militärische Strategie von Mahir Çayan nicht richtig und nur lückenhaft umsetzte, der legalen gegenüber der illegalen Arbeit Vorrang einräumte und damit die Ideologie der THKP-C von Mahir Çayan revidiere.

Kampfmethoden

  • - Sie will in allen Lebensbereichen alle legalen und illegalen Mittel zum Erreichen ihrer Ziele einsetzen.
  • - Der bewaffnete Kampf ist in ihren Augen die Hauptstrategie, alle anderen Kampfmethoden sind zweitrangig.
  • - Obwohl die DHKP-C versucht, sich auch in den Vereinigungen der zivilen Gesellschaft zu organisieren (Studentinnenvereine, Gewerkschaften usw.), räumt sie der Illegalität in der Form des bewaffneten Kampfes Vorrang ein.

Organisationsentwicklung

Die Dev-Sol gründete am 30.7.1978 eine Vereinigung unter dem Namen Devrimci Gençlik Federasyonu, mit der sie erstmals an die Öffentlichkeit trat. Kurz danach zeigte sie sich nur noch unter dem Namen Dev-Sol. Nach ihrer Abspaltung von der Dev-Yol entwickelte sie sich relativ schnell, um dann jedoch zu stagnieren. Der Grund dafür war, dass sie sich außerhalb von gewissen Quartieren Istanbuls kaum gegenüber den übrigen Organisationen behaupten konnte. In Istanbul führte sie in der Folge auch am meisten Aktionen durch.

Die Dev-Sol bildete 1978 neue Gruppierungen für den bewaffneten Kampf gegen den faschistischen Terror (FTKSME, faşist teröre karşı silahlı mucadele ekipleri - bewaffnete Kampfeinheiten gegen den faschistischen Terror) und 1979 bewaffnete revolutionäre Einheiten, die SDS, (silahlı devrimci birlikler/bewaffnete revolutionäre Einheiten). Die SDS setzten sich aus fortschrittlichen Kaderleuten zusammen und waren in den Jahren 1979/80 sehr aktiv.

Nach dem Putsch von 1980 wurden die meisten Anführerinnen der Devrimci Sol verhaftet und in Gerichtsverfahren involviert, unter ihnen auch Dursun Karataş. Bis 1986/87 war die Dev-Sol kaum mehr aktiv. Danach hat sie begonnen, sich vor allem auf der legalen Plattform wieder zu organisieren. Sie beschränkte ihre Tätigkeiten in dieser Zeit vor allem auf die Studentinnenvereine, andere Vereinigungen wie z.B. die Tayad und die Publikation von legalen Zeitschriften wie Yeni Çözüm usw.

Mit der Flucht von Dursun Karataş aus dem Gefängnis und seiner Flucht ins Ausland im Jahre 1989 haben die Aktivitäten der Dev-Sol eine neue Wende genommen. Seit 1990 wird der Ausbildung von Milizen viel Wichtigkeit eingeräumt. Diese haben die Aufgabe, illegale ad-hoc-Demonstrationen zu organisieren und sich daran zu beteiligen, Plakate zu kleben, Spruchbänder aufzuhängen usw. Sie beteiligen sich in der Regel nicht an militärischen Aktionen. Das Hauptziel der Dev-Sol ist jedoch, in einer zweiten Phase militärische Zellen zu bilden, die sich aus diesen Milizen zusammensetzen, um später eine Guerilla-Armee und zuletzt eine Volksarmee zu gründen.

Die Guerilla-Armee hat die Aufgabe, den Erfordernissen des täglichen Kampfes zu entsprechen, während die Volksarmee zum Ziel hatte, die Volksmacht zu ermöglichen.

Die interne Spaltung von September 1992

Eine Gruppe unter dem Vorsitz von Bedri Yağan hat Dursun Karataş wegen seiner persönlichen Machtstellung innerhalb der Organisation scharf kritisiert und forderte die Bildung eines Zentralkomitees und die Abhaltung eines Kongresses. Die Gruppe um Bedri, welche auch Bedriciler genannt werden, wurde von der Gruppe um Dursun Karataş als UrheberInnen des Putsches von 1980 und als Konterrevolutionärinnen verschrien.

Dieser Konflikt hat ein derartiges Ausmass angenommen, dass es sowohl in der Türkei wie auch in Europa zu gegenseitigen Morden gekommen ist. Er wurde erst mit dem Mord an Bedri Yağan durch die Polizei im März 1993 beigelegt. Mit seinem Verschwinden übernahm Dursun Karataş wieder die Kontrolle über den Rest der Organisation.

Was Bedri Yağan betrifft, war er der Vorsitzende eines Ausbildungslagers der Devrimci Sol im Libanon, welches nach dem Putsch von 1980 gegründet wurde. Dieses Lager hat seine Tätigkeiten nach den oben beschriebenen Problemen innerhalb der Organisation und der Rückkehr von Bedri Yağan in die Türkei eingestellt.

Während die Abspaltung innerhalb der Dev-Sol die legalen, der Dev-Sol nahestehenden Vereinigungen in der Türkei nicht sonderlich beeinflusst hat, hat sie die Sympathisantinnen und Militanten im Exil in Europa in zwei Lager geteilt, d.h. die Bedriciler und die Karataşçılar (Merkezciler). Während zweier Jahre war die Devrimci Sol durch ihre internen Probleme aufgewühlt.

Gegen 1994 sind die Bedriciler in der Türkei praktisch von der politischen Szene verschwunden, im Exil bestehen sie als kleine Gruppe weiter und publizieren ab und zu die Zeitschrift "Devrimci Çözüm".

Die Gründung der DHKP-C im Jahre 1994

Im März 1994 hat die Gruppe um Dursun Karataş einen Kongress abgehalten, anlässlich dessen sie sich als Partei unter dem Namen DHKP-C konstituiert hat. Anlässlich des gleichen Kongresses wurden die SDB (Silahlı Devrimci Birlikleri - Bewaffnete Revolutionäre Einheiten) in SPB (Silahlı Propaganda Birlikleri - Bewaffnete Propagandaeinheiten) umgewandelt, welche die Aufgabe haben, militärische Aktionen von hohem Niveau und Morde an Polizisten, den "Feinden des Volkes" (= Organisationsjargon) zu verwirklichen.

Eine Untergruppe der DHKP-C heisst SKGB (Silahlı Kir Gerilla Birlikleri - Bewaffnete Land Guerilla-Einheiten), welche in den ländlichen Gebieten aktiv und nicht sehr verbreitet ist.

DHKC

Die von den Sympathisantinnen der DHKP-C im Exil und in der Türkei zu Gunsten dieser Partei durchgeführten Aktivitäten werden unter dem Namen DHKC (Devrimci Halk Kurtuluş Cephesi - Revolutionäre Volksbefreiungsfront) verwirklicht, um die Tätigkeiten der Front DHKC von den eigentlichen Tätigkeiten der Partei DHKP-C zu unterscheiden.

Aktuelles Diskussionsthema der DHKP-C

Die DHKP-C macht zurzeit den Vorschlag, ein Demokratisches Oppositionsparlament (Demokratik Muhalefet Meclisi) zu gründen, in welchem die radikale Linke vertreten ist. Nach ihren Vorstellungen sollte dieses Parlament sämtliche lokalen Parlamente vertreten, welche sich in den Quartieren, in Arbeiterlnnen- und Studentinnen kreisen organisieren sollten. Jede Berufsgattung sowie jede lokale Einheit sollte dabei ihr eigenes Parlament bilden: Beamtinnen-Parlament, Arbeiterinnen-Parlament, Quartier-Parlament usw.

Legale Tätigkeiten innerhalb von Vereinen

Die TAYAD (Tutuklu Aileleri ile Yardımlaşma Derneği - Verein für die Solidarität mit den Familien der Gefangenen) wurde im Jahre 1987 in aller Legalität gegründet und beschäftigte sich vor allem mit der Situation in den Gefängnissen, in denen sich die inhaftierten Anhängerinnen der Dev-Sol befanden. Der Verein beobachtete zudem den Hauptprozess gegen die Dev-Sol in Istanbul aus nächster Nähe. Die Sympathisantinnen der Dev-Sol und die Familienmitglieder der inhaftierten Dev-Sol-Angehörigen benutzten die TAYAD als Sprachrohr für die Verurteilung der Menschenrechtsverletzungen in den Gefängnissen und bezüglich der Situation der Gefangenen, die sich sich aus Protest gegen die August-Erlasse (Einführung der Einheitskleidung in den Gefängnissen und anderer Einschränkungen) im Hungerstreik befanden. Die TAYAD wurde im Jahre 1989 verboten.

Nach dem Verbot der TAYAD wurden verschiedene Folgeorganisationen gegründet, welche sich kontinuierlich für eine Verbesserung der Haftbedingungen in den Gefängnissen einsetzten. Es handelte sich um die Vereine Ozgürder, Tiyad und Ozgürlük ve Halklar Platformu.

Folgende Vereine bildeten eine legale Plattform für die Tätigkeiten zu Gunsten der Dev-Sol:

  • - OKM (Ortaköy Kültür Merkezi - Kulturzentrum von Ortaköy): In diesem Zentrum wurden vor allem kulturelle und künstlerische Tätigkeiten ausgeübt. Es wurde mehrmals geschlossen und wiedereröffnet. Das letzte Verbot datiert von 1995. Ein Verfahren, welches zum Ziel hatte, die Annulierung dieses Verbots zu erreichen, führte im Oktober 1996 zur Wiedereröffnung des OKM.
  • - DEMKAD (Demokrasi Mücadelesinde Kadın Derneği - Verein der Frauen im Kampf für die Demokratie): Dieser Verein wurde 1989 von Frauen für Frauen gegründet und 1991 verboten.
  • - AKAD (Anadolu Kültür Araştırma Derneği - Recherchierverein für die anatolische Kultur) ist zurzeit verboten.

Nebst den aufgezählten Vereinen gibt es noch zahlreiche lokale Vereinigungen wie die YEKAD, MAKDER usw., die in verschiedenen Städten und Bezirken aktiv sind.

Die Publikationen

1 - Devrimci Sol

Es handelt sich um die einzige vor dem Putsch herausgegebene Zeitung, welche bis zum 12. September 1980 viermal erschienen ist. Die erste Nummer ist im März 1980 mit dem Titel "Kurtuluşa Kadar Savaş" (Krieg bis zur Befreiung), die 2. und 3. Nummer zwischen Frühjahr und Herbst 1980 mit dem Titel "Devlet terörüne karşı mucadeleyi yükseltelim" (Lasst uns den Kampf gegen den Staatsterror verstärken) und die 4. Nummer kurz vor dem Putsch erschienen. In dieser letzten Nummer wurde über den Mord an Nihat Erim, dem ehemaligen Ministerpräsidenten während des Putsches von 1971 berichtet.

Nach dieser 4. Nummer wurde die Publikation der Zeitschrift Devrimci Sol bis im Jahre 1992 eingestellt. Die fünfte Nummer brachte Dursun Karataş nach dem Sieg der Karataş-Gruppe über die Bedriciler heraus, wo er dies zum Ausdruck brachte. Diese fünfte Nummer erschien mit dem Titel "Darbeciliğe karşı mucadele kazanıldı" (Der Kampf gegen das Putschen wurde gewonnen). Die 6. Nummer wurde im Juni 1993 mit dem Titel "Yenilenmeden partiyi kazanmalıyız" (Wir müssen zur Partei werden bevor wir uns erneuern). Die 7. Nummer vom Dezember 1995 kündigte die Durchführung des Kongresses der DHKP an. Seitdem wird die Zeitschrift Devrimci Sol als zentrales Publikationsorgan der Partei DHKP mit dem Logo "DHKP merkez yayın organı Devrimci Sol" (DHKP - Zentrales Publikationsorgan Devrimci Sol) veröffentlicht. Das Ziel der Zeitschrift ist, ein "wichtiges Ausbildungsorgan für Parteikader zu werden". Seit ihrem Erscheinen ist die Zeitschrift Devrimci Sol eine illegale Zeitschrift.

2 - Yeni Çözüm

Diese legale Monatszeitschrift "Yeni Çözüm" (Neue Lösung) wurde erstmals im Dezember 1986 veröffentlicht, 1990 wurde sie verboten. Die März-Nummer (Nr. 33) dürfte die letzte publizierte Nummer gewesen sein.

3 - Devrimci Çözüm

Nach dem Verbot der Zeitschrift Yeni Çözüm wurde eine einzige Nummer der illegalen Zeitschrift "Devrimci Çözüm" (Revolutionäre Lösung) herausgebracht. Nach der Aufsplitterung der Devrimci Sol, begannen die Bedriciler, diese Zeitschrift wieder unregelmäßig herauszugeben.

4 - Mücadele

Die Zeitung "Mücadele" (Kampf) war eine legale Wochenzeitschrift, welche zwischen 1990 und 1993 erschien. Nach der Spaltung der Dev-Sol im September 1992 wurde die Zeitschrift "Mücadele" parallel von beiden Gruppen veröffentlicht. Nach einer gewissen Zeit konnten die Karataşçılar die Zeitschrift wieder unter ihre Kontrolle bringen, worauf die Bedriciler deren Publikation einstellten und begannen, die Zeitschrift "Devrimci Çözüm" herauszugeben.

5 - Kurtuluş

Bei der "Kurtuluş" (Befreiung) handelt es sich um eine seit Juli 1996 in Istanbul publizierte legale Wochenzeitung, welche unter der Verantwortung des Chefredaktors Hasan Çakan steht.

6 - Tavır

Bei der Zeitschrift "Tavır" (Haltung) handelte es sich um eine legale seit Juli/August 1990 publizierte Monatszeitschrift, welche kulturelle und künstlerische Themen behandelte. Sie wurde bereits vor dem Putsch herausgegeben und wurde auch nach 1990 wieder verboten.

7 - Kültür ve Sanatta Tavır

Nach dem Verbot der Zeitschrift "Tavır" wurde die Monatszeitschrift "Kültür ve Sanatta Tavır" (Haltung gegenüber Kultur und Kunst) veröffentlicht. Sie wurde im April 1995 verboten.

8 - Kültür ve Sanatta Halktan Yana Tavır

Die Monatszeitschrift "Kültür ve Sanatta Halktan Yana Tavır" (Haltung des Volkes zu Gunsten von Kultur und Kunst) erschien nach dem Verbot ihrer Vorgängerin, ab April 1995. Im Oktober 1996 hat die Staatsanwaltschaft angekündigt, dass auch diese Zeitschrift verboten würde.

10 - Devrimci Halk Kurtuluş Cephesi Bülteni

Beim "Devrimci Halk Kurtuluş Cephesi Bülteni" (Bulletin der Revolutionären Volksbefreiungsfront) handelt sich um eine illegale Publikation der DHKP-C, welche ab und zu erscheint und die Form eines Informationsbulletins über bestimmte Ereignisse hat.

Musik-Gruppen:

Die Devrimci Sol wird auch von gewissen Musikgruppen unterstützt, welche wir hier aus Sicherheitsgründen nicht nennen wollen. Diese Gruppen sind für ihre Sympathien mit der Devrimci Sol bekannt, unterhalten jedoch keine organische Verbindung mit ihr.

Hochburgen

Das Zentrum der Aktivitäten der Devrimci Sol, bzw. der DHKP-C befindet sich in Grossstädten wie Istanbul, Izmir, Ankara, Adana, Bursa, aber auch in Sivas, Elazığ und Tunceli. Die DHKP-C rekrutiert ihre Sympathisantinnen und ihre Militanten vor allem unter den Jugendlichen der Gecekondus der Großstädte und unter den Universitätsstudentinnen. Sie organisiert sich auch in den linken Gewerkschaften.

Verfolgungssituation

Ähnlich wie gegen die Dev-Yol wurden auch gegen die Dev-Sol verschiedene Verfahren vor Militärgericht geführt. Vor dem Militärgericht in Istanbul waren nicht weniger als 1400 Personen, Militante ebenso wie Sympathisantinnen, in den längsten Massenprozess nach dem Militärputsch verwickelt. Auch die Anhängerinnen der Dev-Sol sind meist kurz nach dem Putsch inhaftiert, schwerstens gefoltert, angeklagt, verurteilt und in der Zwischenzeit, nachdem sie mehrjährige Gefängnisstrafen abgesessen haben, mehrheitlich wieder freigelassen worden. Gegen zahlreiche Militante wurde die Todesstrafe beantragt und auch ausgesprochen. Personen, welche in einem Verfahren gegen die Devrimci Sol angeklagt oder gar verurteilt worden sind, gehören heute zweifellos zur Kategorie von Personen, die in der Türkei am stärksten gefährdet sind und auch ohne ein intensives Engagement jederzeit mit staatlicher Verfolgung und bis zu extralegaler Hinrichtung rechnen müssen.

Personen, welche sich in einer der oben erwähnten Nebenorganisationen engagieren, sind ebenfalls stark gefährdet und müssen jederzeit mit einer Anklage wegen Dev-Sol-, bzw. DHKP-C-Mitgliedschaft oder sogar der physischen Eliminierung rechnen.

Aufgrund zahlreicher Vorfälle muss zudem davon ausgegangen werden, dass die Anti-Terror-Einheit über außerordentlich viele Detailinformationen bezüglich diesen Organisationen nahe stehenden Personen verfügt und äußerst gezielt gegen sie vorgehen kann. Auffallend ist, dass zum Beispiel im Jahre 1996 zwei der Dev-Genç nahestehende Jugendliche in ihrer Wohnung hingerichtet worden sind, obwohl sie erst einen Monat vorher umgezogen waren.

Sämtliche legalen, der Devrimci Sol nahestehenden Zeitschriften unterstehen einer strikten Kontrolle der Anti-Terror-Einheiten der Polizei. Deren Mitarbeiterinnen und Journalistinnen sind unaufhörlichen Schikanen und Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt. Die Büros der verschiedenen Zeitschriften in den verschiedenen Städten werden immer wieder von der Polizei durchsucht, das Personal verhaftet und gefoltert. Ziel der Polizei ist, sie zu Geständnissen bezüglich ihrer organischen Verbindungen zur Devrimci Sol, bzw. der DHKP-C zu bringen.

Die Rechtsanwältinnen, welche sich im Büro "Halkın Hukuk Bürosu Avukatları" (Rechtsanwältinnen des Volksrechtsbüros) zusammengeschlossen haben, vertreten die Interessen eines großen Teils der Militanten und Sympathisantinnen der Devrimci Sol, ihr nahestehende Zeitschriften und ihrer legalen Vereine anlässlich der gegen sie eingeleiteten Gerichtsverfahren. Dies führte zur Festnahme einiger Mitglieder dieses Büros, welche im Rahmen eines Verfahrens gegen die Dev-Sol der Mitgliedschaft bei der Dev-Sol angeklagt worden sind. Folgende Rechtsanwältinnen sind Mitglieder dieses Kollektivs: Behiç Aşçı, Enver Beyhansoy, Filiz Bozoçlu, Efkan Bolag usw.

Weiterführende Links

Urheberrechtlicher Hinweis: Alle Angaben sind dem Werk "Türkei-Turquie" der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH), Bern, April 1997 entnommen. Die Loseblattsammlung ist vergriffen. Deshalb waren die Autorin Denise Graf und der Autor Bülent Kaya ausdrücklich damit einverstanden, dass der Inhalt per Internet einem breiteren Publikum zugänglich gemacht wird. Im Text wurde weitestgehend die neue deutsche Orthographie benutzt. Es wurden keine inhaltlichen Veränderungen vorgenommen.

Zusatzinfo im September 2014

Vor der Abspaltung von Devrimci Sol haben Dursun Karataş, Bülent Uluer und Paşa Güven erklärt, dass sie ihre Mitarbeit bei Devrimci Yol ausgesetzt hätten (tr: askıya aldılar). Daher wurden die Sympathisanten am Anfang auch "askıcılar" genannt. Dursun Karataş, Bülent Uluer und Paşa Güven waren alle kurdische Alewiten. Bülent Uluer trennte sich schon ein Jahr danach von dieser Gruppe, um die Bewegung Kurtuluş (auch bekannt als KSD = Kurtuluş Sosyalist Dergi) zu gründen. Paşa Güven ging nach der Ermordung des Ministers aus den Reihen der MHP, Gün Sazak (Mai 1980) und Nihat Erim (Juli 1980) in den Libanon. 1983 wechselte er von dort nach Frankreich, wo er in Paris als politischer Flüchtling lebte. Nach der Verhaftung von Dursun Karataş galt er als der wichtigste Mann in der Organisation. 1985 erklärte er seinen Austritt und wurde postwendend beschuldigt, Gelder der Organisation veruntreut zu haben. Am 9. Oktober 1990 wurde er in Paris erschossen. Es gilt als erwiesen, dass der Mord von Militanten aus den eigenen Reihen verübt wurde, obwohl sich die Organisation nie dazu bekannte (siehe hierzu die Zeitschrift Aksiyon vom 11. Januar 1997 Karanlığın sol eli, einen Artikel von İbrahim Gülü vom 29. Januar 2013 THKP/C-DEV SOL Operasyonu: Paşa Güven’in dedikleri ve katledilmesi… und einen Artikel (ohne Datum) bei Nesra Devrimci Sol’un kurucularından Paşa Güven, Dursun Karataş’ın emriyle Paris’te infaz edildi.; jeweils aufgerufen am 25. September 2014).