Verfahren nach Artikel 314 in Verbindung mit 220 (neu 169 alt)

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Unterstützung bewaffneter Organisationen

Angeblich wurde der 169 TStG a.F. abgeschafft. Unter diesem Artikel waren Zehntausende von Bauern bestraft worden, die bewaffneten Guerillakämpfern Lebensmittel gegeben oder sie beherbergt hatten. Später war der Artikel derartig großzügig ausgelegt worden, dass auch mündliche oder schriftliche Äußerungen als Unterstützung einer illegalen Organisation interpretiert werden konnten. Der an die Stelle des Artikel 169 TStG a.F. getretene Artikel 315 TStG n.F stellt (nur) noch die Versorgung einer bewaffneten Organisation (im Sinne des Artikel 314 TStG n.F.) mit Waffen unter Strafe, verhängt dafür aber eine Strafe von zehn bis 15 Jahren Haft.

Absatz 3 des Artikels 314 TStG n.F. legt aber fest, dass alle Bestimmungen des Artikels 220 TStG n.F, der sich auf Mafia-Strukturen bezieht, auch auf Mitglieder bewaffneter Organisationen anzuwenden sind. Absatz 7 des Artikels 220 bestimmt, dass Unterstützer solcher Organisationen wie Mitglieder zu bestrafen sind. Dadurch hat sich die Strafe erhöht (früher lag die Strafe zwischen 3 und 5 Jahren Haft, nun zwischen 5 und 10 Jahren Haft).

Meldungen aus 2005

Journalist und Menschenrechtler kommen in U-Haft

Birol Duru, Reporter für die Agentur DIHA, und Daim Acik, Mitglied des IHD, die am 10. August im Kreis Yedisu von Bingöl festgenommen worden waren, kamen am 11. August in Untersuchungshaft. Kemal Okuyucu wiederum wurde freigelassen. Birol Duru soll in das Dorf Dinarbey gefahren sein, um den Vorwurf zu untersuchen, dass der lokale Gendarmeriekommandant zusammen mit Dorfbewohnern den Anbau von Haschisch betreibe. Birol Duru wurde mit den anderen 2 Personen festgenommen, weil sich in seiner Tasche eine Kassette mit Propagandamaterial der PKK befunden haben soll. (Özgür Gündem vom 13.08.2005)

Das Verfahren beginnt

Die 4. Kammer des Landgerichts Diyarbakir hielt am 8. Dezember die 1. Sitzung gegen das IHD Mitglied Daimi Acik und den Korrespondenten der Nachrichtenagentur Dicle, Birol Duru ab. Sie waren am 14. August verhaftet worden. Birol Duru soll eine Videokassette mit PKK Propaganda bei sich gehabt haben. In Wirklichkeit aber soll er den Versuch gemacht haben, den Anbau von Haschisch im Dorf Dinarbey zu dokumentieren. Die Angeklagten und Verteidiger erhielten Gelegenheit, sich zu den Vorwürfen zu äußern und beantragten Freispruch und Haftentlassung. Das Gericht lehnte die Anträge ab und wird die Staatsanwaltschaft in Karliova um Auskunft bitten, ob es Ermittlungen zum Anbau von Haschisch gegeben hat. Die Anklage wirft den Beschuldigten die Unterstützung einer bewaffneten Organisation vor (Artikel 314 TStG), möchte die Strafe jedoch nach Artikel 220/7 TStG, wo es um die Unterstützung einer kriminellen Organisation geht, bemessen. Nach Artikel 220/7 TStG erhalten Unterstützer die gleiche Strafe wie Mitglieder. Die Verhandlung wurde auf den 29.12.2005 vertagt. (ANF (Nachrichtenagentur Firat) vom 09.12.2005)

Das Urteil

Die 4. Kammer des Landgerichts Diyarbakir hat den Journalisten Birol Duru und das IHD-Mitglied Daimi Acik zu einer Haftstrafe von 6 Jahren und 3 Monaten Haft verurteilt. Der Mitangeklagte Kemal Özen wurde freigesprochen. Die 3 Personen hatten das Dorf Dinarbey im Kreis Yedisu (Bingöl) besucht, um Vorwürfe zu recherchieren, dass ein Gendarmeriekommandant Hanfpflanzen anbauen lässt. Auf der Rückreise war eine Kassette mit PKK-Propaganda im Auto gefunden worden. Die Bestrafung erfolgte nach Artikel 314 in Verbindung mit Artikel 220 des neuen TStG. (Agentur ANF vom 29.09.2006)

Verfahren gegen DEHAP Funktionäre

Die Staatsanwaltschaft in Ankara hat den Vorsitzenden der DEHAP, Tuncer Bakirhan und die Mitglieder des Parteiparlaments, Hatice Çoban, Alican Önlü, Muammer Deger, Orhan Miroglu, Hüseyin Yilmaz, Mehmet Tusun und Veli Büyüksahin wegen Mitgliedschaft in und Propaganda für eine illegale Organisation angeklagt, weil sie in einer Presseerklärung den Ausdruck "verehrter Öcalan" benutzt hatten. (Radikal vom 25.08.2005)

Verfahren gegen DTP Politiker

Die Staatsanwaltschaft in Ankara hat 12 Funktionäre der DTP, darunter der ehemalige Vorsitzende der DEHAP, Tuncer Bakirhan wegen Mitgliedschaft in und Unterstützung der PKK angeklagt. Als Beweise wurden Reden bei der Auflösung der DEHAP zugunsten der Mitgliedschaft in der DTP und Parolen, die bei Kundgebungen gerufen wurden, genannt. (Milliyet vom 30.12.2005)

Verurteilungen in Verfahren wegen Forderung nach muttersprachlichem Unterricht

Die 11. Kammer des Landgerichts Ankara hat 4 Studenten, die sich im Jahre 2001 an der Kampagne für muttersprachlichen Unterricht an der Universität Hacettepe beteiligt hatten, am 14. Oktober verurteilt. Nihat Avci und Veli Ay wurden als Mitglieder einer bewaffneten Organisation zu 6 Jahren und 3 Monaten Haft verurteilt, Hüseyin Bilgin und Haydar Karaca erhielten wegen Unterstützung der Organisation eine Strafe von 45 Monaten Haft. (Özgür Gündem vom 16.10.2005)

Verfahren aus 2006

6 Jahre, 3 Monate für Unterstützung

Die 4. Kammer des Landgerichtes Diyarbakir hat Türkiye Ildem (76) zu einer Haftstrafe von 6 Jahren und 3 Monaten Haft wegen Unterstützung der PKK verurteilt. Er war im Oktober 2005 in ein Lager der PKK im Nordirak gegangen und hatte dort seinen Sohn getroffen. Von ihm und anderen Militanten hatte er Fotos und einen Brief an eine Familie dabei, deren Sohn ebenfalls im Lager weilte. Die Bestrafung erfolgte nach Artikel 314/2 neues TStG. (Radikal vom 10.02.2006)

Politiker vor Gericht

Die Staatsanwaltschaft in Diyarbakir hat die Funktionäre der DTP, Musa Farisoglu, Necdet Atalay, Muhlis Altun und Nusret Akin im Zusammenhang mit den Vorfällen nach der Beerdigung der HPG Militanten am 28. März unter Artikel 314 wegen Unterstützung der PKK angeklagt. (Bia (Netzwerk) vom 24.05.2006)

Bürgermeister Osman Baydemir angeklagt

Die Staatsanwaltschaft in Diyarbakir hat den Bürgermeister Osman Baydemir wegen einer Rede Ende März angeklagt. Er hatte die Rede bei der Beerdigung von HPG Militanten gehalten, die in der Nähe von Mus getötet worden waren. Dabei soll er gesagt haben: "unser Schmerz war 14, jetzt sind die Schmerzen auf 16 angestiegen". Die Staatsanwaltschaft beantragte eine Bestrafung nach Artikel 314/2 TStG (Unterstützung einer bewaffneten Organisation). (Milliyet vom 28.06.2006)

Beginn des Verfahrens

Die 6. Kammer des Landgerichts Diyarbakir begann das Verfahren gegen Osman Baydemir, den Bürgermeister von Diyarbakir, der wegen einer Rede bei der Beerdigung von HPG-Militanten Ende März wegen Unterstützung einer bewaffneten Organisation angeklagt wurde. Osman Baydemir beschuldigte die Staatsanwaltschaft, die Situation bei der Rede nicht berücksichtigt zu haben. Es habe bei der Beerdigung 10 Tote gegeben und unter großem Risiko hätten er und andere den Versuch gemacht, die Menge zu beschwichtigen. Die Verhandlung wurde auf den 26. Dezember vertagt. (Özgür Gündem vom 04.10.2006)

Demonstranten angeklagt

Im Zusammenhang mit einer Pressekonferenz zum Weltfriedenstag am 1. September 2005 in der Kreisstadt Silopi (Sirnak) wurden 34 Teilnehmer unter Artikel 314 in Verbindung mit Artikel 220 neues TStG (das entspricht dem alten Artikel 169 und dem Vorwurf der Unterstützung einer illegalen Organisation) angeklagt. Das Verfahren wird vor der 4. Kammer des Landgerichts Diyarbakir durchgeführt werden. (Özgür Gündem vom 27.08.2006)

Journalist Faysal Tunc vor Gericht

Die 4. Kammer des Landgerichts Van begann am 10. September das Verfahren gegen Faysal Tunc, Reporter für Özgür Gündem, der am 16. Februar in Mus verhaftet worden waren. Das Gericht lehnte eine Freilassung ab und vertagte das Verfahren auf den 8. November. Nach Auskunft des Anwalts Mensur Isik ist der Journalist wegen Mitgliedschaft in einer illegalen Organisation angeklagt worden, weil einige Dossiers aus dem Internet herunter geladen und Bücher bei ihm gefunden worden waren. (Özgür Gündem vom 12.09.2006)

Politikerin Sultan Aktepe verurteilt

Sultan Aktepe, die dem Parlament des Großstadtverwaltung Mersin angehört, wurde von der 6. Kammer des Landgerichts Adana zu einer Strafe von 6 Jahren und 3 Monaten Haft verurteilt. Sie soll im Jahre 2005 mehrfach mit ihrem Bruder Erender Dogan telefoniert haben. Dieser gehörte der HPG an und soll am 10. Oktober 2005 in Tunceli getötet worden sein. Das Urteil wurde wegen Unterstützung einer bewaffneten Organisation verhängt (Artikel 314 in Verbindung von Artikel 220/7 des TStG). (Agentur DIHA vom 06.10.2006)

Strafe wegen Unterstützung

Die 4. Kammer des Landgerichts Diyarbakir hat am 6. Oktober den Funktionär des Migrantenhilfsvereins Göc-Der, Hüseyin Das, zu 7 Jahren und 6 Monaten Haft verurteilt. Er hatte Unterschriften unter eine Petition gesammelt, in der Abdullah Öcalan als politischer Wille anerkannt wurde. Darin sah das Gericht eine Unterstützung einer wie in Artikel 314 neues TStG beschriebenen bewaffneten Organisation. Das Strafmaß wiederum wurde nach Artikel 220/2 neues TStG verhängt. Die Mitangeklagten Mehmet Çiçekçi, Dursun Özdogan, Haci Karakuzu, Panayir Çelik, Adnan Dakmak, Yüksel Burtakat, Hanifi Yildirim und Ahmet Kalpak wurden freigesprochen. (Özgür Gündem vom 06.-08.10.2006)

Menschenrechtler Ridvan Kizgin verurteilt

Der ehemalige Vorsitzende des IHD in Bingöl und Mitglied des Zentralvorstandes des IHD, Ridvan Kizgin, wurde durch die 4. Kammer des Landgerichts Diyarbakir zu einer Freiheitsstrafe von 45 Monaten Haft nach Artikel 169 altes TStG verurteilt. Der Mitangeklagte Nurettin Celik wurde freigesprochen. Das Verfahren war wegen einer Erklärung zu dem Mord an 5 Dorfbewohnern aus dem Dorf Yumakli im Kreis Genc (Bingöl) am 10. Juli 2003 angestrengt worden. (Özgür Gündem vom 14.10.2006)

Politiker verurteilt

Die 12. Kammer des Landgerichts in Istanbul hat Funktionäre der DTP und der inzwischen aufgelösten HADEP zu Strafen von 45 Monaten Haft wegen Unterstützung einer bewaffneten Bande verurteilt. Die Politiker waren nach einer Razzia auf das Büro der HADEP in Istanbul am 29.11.2001 angeklagt worden. Die Strafe wurde nach Artikel 169 altes TStG verhängt, da die Strafe geringer ausfiel, als unter dem neuen TStG. Die verurteilten Politiker sind Dogan Erbas, Nizamettin Öztürk, Halil Salik, Yusuf Çirik, Nusretin Kaptan, Sabahattin Hali, Erengül Akçolak und Necmettin Çeten. (Özgür Gündem vom 03.11.2006)

Verfahren aus 2007

Demonstranten in Diyarbakir angeklagt

Am 20. Februar begann beim 6. Schwurgericht in Diyarbakir der Prozess gegen 19 Personen, weil sie in der Kreisstadt Silopi/Şırnak im Jahr 2006 eine Demonstration durchführten. Bei der Verhandlung sagte der Angeklagte Gatban Soysal, dass er aufgrund seiner Taubheit die Slogans nicht gehört habe und nicht habe mitrufen können. Die Anklage fordert eine Strafe nach Artikel 314/2 des TStG (Unterstützung einer illegalen Organisation). (Gündem vom 21.02.07)

Strafe für Sack mit Lebensmittel

Die 2. Kammer des LG Erzurum (vorher SSG) verurteilte Ridvan Ezer (41) und Zeynel Celik (26) zu 6 Jahren, 3 Monaten Haft. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Ridan Ezer am 10. Dezember 2006 einen Sack mit zwei Blechen Süßspeise (baklava), einem Topf gefüllte Paprika, 32 Birnen (für Lampen), 2,5 Kilo Tabak und 42 Feuerzeugen von Diyarbakir zu Zeynel Celik in Pülümür (Tunceli) geschickt hatte, damit dieser die Sachen Militanten der PKK zukommen lasse. (Radikal vom 19.04.2007)

Nachrichtenagentur ANF, 16.11.2007

Verurteilung wegen Slogans an Wänden

Die 2. Kammer des Landgerichtes Erzurum verurteilte das Mitglied der Partei für eine Demokratische Gesellschaft (DTP) Ayhan Ayaz zu fünf Jahren Haftstrafe (Unterstützung) und Orhan Cikmaz (21) und Burhan Akgün (21) zu 10 Monaten Haftstrafe (Propaganda) wegen Slogans, die bei den Newroz-Feiern 2007 an Wände geschrieben wurden.

Weiterführende Verweise

  • In Deutsch

Wortlaut und Kritik am neuen TStG auf den Seiten des DTF übersetzt von Gottfied Plagemann