Helmut Helmut Oberdiek * 18.9.1947 — † 27.4.2016
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Zur Ermordung von Kürsat Timuroglu


Auszüge aus Artikel in Die Zeit vom November 1986
zur Ermordung von Olof Palme
...
Auch der deutsche Verfassungsschutz hält es für möglich, dass der Mörder Palmes aus den Reihen der "Kurdischen Arbeiter- und Bauernpartei", bekannter unter dem Kürzel PKK, stammt. Diese "Partei" - wohl eher eine verschwörerische Organisation - gilt als stärkste "Befreiungsbewegung" in dem von der Türkei beherrschten Teil Kurdistans und zählt rund 2000 Aktivisten. Funktionäre rivalisierender kurdischer Organisationen nennen die PKK schlicht eine "verantwortungslose Terroristengruppe".
Oberhaupt der PKK ist der vierzigjährige Abdulla Öcalan, genannt Apo (Onkel). Onkel regiert wie ein Patriarch und fühlt sich von der Vorsehung dazu auserkoren, sein Volk, im Dreiländereck Türkei-Iran-Irak, zu befreien.
Ein Kritiker des Onkel, selbst lange Mitglied im Zentralkomitee der Partei, beschrieb die PKK so: "Eine Mischung aus Revolutionspathos, feudalen Strukturen mit stalinistischem Überbau und dem Faktor Apo." Dieser Kritiker und Dissident, Cetin Güngör, lebt nicht mehr. Ein Killer streckte ihn im November 1985 mit vier gezielten Schüssen nieder: in Stockholm. Güngörs Mörder wurde am Tage vor dem Attentat auf Olof Palme zu lebenslänglicher Haft verurteilt.
Vor dem Prozeß schrieb ein "Partisan" im deutschsprachigen Kurdistan Report der PKK, die europäische Sozialdemokratie zettele "unter der Direktive von Olof Palme und Bülent Ecevit" ein Komplott zur "Liquidation der PKK" an. Sozialdemokraten seien um so gefährlicher, je liberaler sie seien. Von einem Mord an dem verhaßten Exponenten der Sozialdemokratie war nicht direkt die Rede. Wohl aber hieß es an anderer Stelle des Pamphlets: "Herr Olof Palme (soll) der Geschichte gegenüber nicht beleidigt sein und nicht den Wahnsinn begehen, die Sonne mit dem Spaten einfangen zu wollen."
Sieben politische Morde werden der PKK in Europa zugerechnet. Einer davon ereignete sich Ende Februar in Hamburg. Wochenlang beschattete der Killer sein Opfer, den 32jährigen Türken Kürsat Timuroglu, einen Sozialarbeiter, der sich mit großer Aufopferung für die Belange seiner Landsleute in der Bundesrepublik eingesetzt hatte. Aus einem Café im Stadtteil St. Georg beobachtete der elegant gekleidete Mörder die Straße. Als sein Opfer vorbeikam, stürmte der Attentäter auf die Straße hinaus und schoß zweimal auf Timuroglu, der in den Augen der PKK-Leute vermutlich ein verabscheuenswerter "Verbalradikaler" war.
Timuroglu taumelte noch in einen Tabakwarenladen. Der Killer trat in die Tür, gab einen dritten Schuß in den Kopf seines Opfers ab - und verschwand in den engen Gassen hinter dem Hamburger Hauptbahnhof.
"Es war", sagte Hamburgs Innensenator Rolf Lange vergangene Woche, "eine geplante Hinrichtung." Resigniert fügte Landesverfassungsschutzchef Christian Lochte hinzu, der Täter habe vermutlich die Bundesrepublik längst verlassen.

Seinerzeit hat Devrimci Isci (Revolutionärer Arbeiter) als europäischer Ableger von Devrimci Yol (Revolutionärer Weg) eine umfangreiche Dokumentation herausgegeben. Leider sind die Kopien so schlecht, dass der (billige) Scanner nur wenig vom Text erkannte. Deswegen gibt es aus dieser Dokumentation nur ein paar "Dokumente":

PRESSEERKLÄRUNG
(von Devrimci Isci)

Kürsat T i m u r o g l u wurde am 25. 2. 1986 vor seiner Wohnung in St. Georg durch Schüsse aus dem Hinterhalt so schwer verletzt, daß mit seinem Tod gerechnet wird. Aus Zeugenaussagen ergibt sich, daß der Täter ihm zwei Wochen lang aufgelauert hat.

Kürsat Timuroglu wurde am 20. 8. 1953 in der Türkei geboren. Er kam 1976 in die BRD. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. Vor einem halben Jahr wurde Kürsat Timuroglu von der türkischen Regierung ausgebürgert. Vor kurzem beantragte er deshalb die deutsche Staatsangehörigkeit.

Wer war Kürsat Timuroglu?

Fast alles unleserlich: Kürsat war ein Linker, der für demokratischen Sozialismus eintrat. Auch on der BRD hat er sich für den Freiheitskampf in der Türkei engagiert. Er nahm an einem Hungerstreik aus Solidarität mit den politischen Gefangenen in der Türkei teil. Er setzte sich auch für die volle Gleichberechtigung seiner Landsleute in der BRD ein.
In den vergangenen Jahren hat sich Kürsat Timuroglu im sozialen Bereich besonders für die Belange der Jugendlichen aus der Türkei engagiert.
Wer kann sich über diesen Tod freuen?
Nach den polizeilichen Ermittlungen, soweit sie uns bisher bekannt sind, ist es schwer schon etwas über die Person des Täters zu sagen. Nach den Zeugenaussagen handelt es sich um einen aus der Türkei stammenden Mann. Theoretisch  könnte als Täter ein Agent des türkischen Geheimdienstes MIT, ein Faschist oder ein Anhänger der PKK in Frage kommen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit läßt sich die Frage nach der Zugehörigkeit des Täters aber aus der politischen Entwicklung, die der Tat vorausgegangen ist beantworten. Für uns ist es ganz klar, daß dieses Attentat nur von einer politischen Organisation namens PKK ( das bedeutet "Arbeiterpartei Kurdistans" ) initiiert worden sein kann.
Vor ca. einem Monat erklärten PKK-Anhänger, daß sie die Liquidierung von "Verrätern" auch dann begrüßen würden, 'Wenn sie von Seiten des türkischen Geheimdienstes erfolgen sollte.' Die PKK ist für dieses Attentat in jedem Fall verantwortlich, selbst wenn - was unwahrscheinlich ist - jemand anderes, z. B. der MIT, die von der PKK geschaffene Situation ausgenutzt haben, ihrer "Einladung" Folge geleistet haben sollte.
Weitere Opfer der PKK
- 20. 6.1984 Enver Ata in Uppsala
- im Juli 1984 Zülfü Gök in Rüsselsheim
- 2.11.1985 Cetin Güngör (Semir) in Stockholm
- am 3.11.198S Mustafa Tangüder (PPKK/DDKO) in Kopenhagen
- am 27.11..1985 Mustafa Sahbaz (Dev-Yol) in Paris
- am 30.12.1985 Bülent Yaman (Kurtulus) in Lausanne
Kürsat Tirnuroglu wurde das siebente Opfer in dieser Reihe.

Zitate aus der Erklärung BAKI KARAER's vom 1.12.1985 zu ZÜLFÜ GÖK

S. 28

Nun, es gibt einen Punkt, über den die Öffentlichkeit nicht informiert ist:

warum die PKK diese Ereignisse plant. Die PKK hat bestimmte Kalkulationen, wenn sie diese Morde begeht. Wir erfahren näheres davon durch die nachfolgenden Aussteiger. Im Grunde genommen. sind diese Taktiken nicht so sehr neu, sondern ein von der PKK in der Vergangenheit oft wiederholtes Vorgehen (wie bei den Beispielen von Ferit Uzun, Zülfü Türk, Sidki Paydas usw.). Nach diesem Plan wird Enver Ata in Schweden ermordet und gleich danach Zülfü Gök in Deutschland. 'Die Ermordung Enver Ata 's wird von ihnen übernommen, Zülfü Gök dagegen wird als eigener Mann lanciert und dessen Ermordung den Aussteigern (insbesondere Semir) angelastet. Es wird nämlich so getan, als ob die Ermordungen Racheaktionen von zwei Seiten sind. Damit werden also mit einem Stein mehrere Vögel getroffen (mit einer Klappe mehrere Fliegen geschlagen, die Übersetzer).
Somit wird sowohl der Aussteiger Zülfü Gök ermordet als auch einer Isolierung von linken Kreisen zuvorgekommen, also eine Verurteilung durch die Öffentlichkeit verhindert. Da aber der Mörder unmittelbar nach der Tat gefaßt wurde, konnte dieser Plan nicht wie vorgehabt verwirklicht werden.

Der Mord an SEMIR (CETIN GÜNGÖR)

Semir wurde einen Tag, bevor er eine Pressekonferenz zusammen mit Baki Karaer geben wollte, ermordet. Auf Semir's Tod erfolgte dann eine breite Protestaktion der türkischen und kurdischen Linken sowie von Teilen der deutschen Linken.

Zu Beginn etwas zu Semir's Person:

1982 im Spätsommer wurde Semir aus Syrien als Verantwortlicher. für Europa in die BRD geschickt mit dem Auftrag, hier eine militärische Organisation aufzubauen. Unmittelbar vor seiner Abreise fragte Semir nach dem Zweck einer solchen Organisation, woraufhin er die Antwort erhielt, sie sei für eventuelle Aktionen gegen Agenten des MIT oder Konsulate gedacht. Er hielt dagegen, daß seiner Meinung nach für solche Aktionen die vorhandene Struktur ausreiche bzw, man. für eine besondere Aktion eine besondere Einheit jeweils zusammenstellen und später wieder auflösen könne.

In der BRD arbeitete er entgegen seinem Auftrag nicht am Aufbau einer  militärischen Organisation. Man begann, ihn von höchster Stelle aus zu kontrollieren. Apo wollte sogar wissen, was er lese usw.

Im Frühjahr 198.3 wurde Semir von seiner Aufgabe entbunden. Man forderte ihn auf, in den Irak zu kommen. Semir tat dies nicht, da bereits mehrere Genossen von dort nicht zurückgekehrt waren und er nie wieder etwas von ihnen gehört hatte. Apo schickte seine Frau nach Europa, da sich in den Gruppen der PKK in mehreren europäischen Ländern eine Entwicklung abzeichnete, die mehr Unabhängigkeit vorn ZK anstrebte. Semir wurde in einer Wohnung (in der BRD) gefangen gehalten. Er war hier unter ständiger Kontrolle und man zwang ihn, bestimmte Bücher, u.a. Apo's Schriften zu lesen.

Es gelang Semir aus seinem Gefängnis zu fliehen und nach Schweden zu gehen, wo er sich bis zu seiner Ermordung versteckt hielt.

Zitate SEMIR's aus seiner Erklärung vom 18.3.1984

S. 3
Die bedingungslose Abhängigkeit von der dogmatischen Autorität läßt in der PKK keinen Raum zu selbstständigem Denken. Die Individualität der politischen 'Kader ist gleich Null. Die Sensibilität individuellen Denkens ist somit völlig außer Kraft gesetzt. In so einem Zustand sind die Menschen blinde Mitläufer der PKK-Führung geworden.
Die PKK-Führung bevorzugt diesen Menschentypus in ihren Kadern. Ich bin einer von denen, die dieses Vorgehen nicht als revolutionär akzeptieren. Aus diesem Grunde bin ich nicht überrascht, wenn ich nicht gelobt, sondern mit dem Todeszeichen belohnt werde...

S. 4

...Nachdem die Lügen, die Demagogien und sonstige Angriffe gegen mich nicht sonderlich fruchtbar waren für die PKK, hat sie in ihrer Parteizeitung Serxwebun die letzte Botschaft verkündet: Semir darf nicht am Leben bleiben...

S. 6

Zum ersten Mal widersetzten sich Angehörige der PKK, die ja bereits eine' 10jährige Vergangenheit hat, gegen die, inzwischen chronischen antidemokratischen Vorgehensweisen. Zum ersten Mal verteidigen sich einige gegen die von oben herabdiktierten Befehle und treten ein für 'einen leninistischen Kader (demokratischer Zentralismus, Disziplin und Einheit der Partei, Auseinandersetzungs- und Kritikrecht usw.)...

S. 7

In der nahen Vergangenheit wurden die Revolutionäre, die die PKK kritisierten, entweder mit dem Tode bestraft oder mit Verleumdungen aus dem politischen Leben getrieben oder an einem geeigneten Ort) als Gast untergebracht und wirkungslos gemacht... Da es keine Unterlassungsbemühungen außerhalb und innerhalb der Organisation gegeben hat, war die PKK mit ihrer Politik diesbezüglich erfolgreich...

S. 8

Es ist eine Ausnahme, daß jemand in der PKK Kritik ausübt und dazu noch am Leben bleibt. Es ist eine besondere Eigenschaft von mir, daß ich heute noch am Leben bin....
Wie z.B. in meinem Fall: Ich wurde zuvor als ein beispielhafter Revolutionär in der Partei bezeichnet. Nachdem ich kritische Ansichten geäußert hatte, wurde ich von heute auf morgen als Verräter abgestempelt und mein ganzes revolutionäres Leben gesamt beschimpft und zunichte gemacht...

Cumhuriyet, 12.11.1985

Ex-PKK'ler Baki Karaer erklärte in Schweden: die Organisation hat 21 Menschen getötet Stockholm, Yavuz Baydar.

Baki Karaer, der sich momentan in Schweden aufhält und in Gefahr steht getötet zu werden, machte gegenüber dem Schwedischen Geheimdienst SIAPO einige wichtige Erklärungen über seine Organisation. Einer der Gründer und ältesten Mitglieder des Zentralkomitees der PKK sagte, daß er sich in demselben Saal befunden habe, in dem Cetin Güngör getötet worden ist. Baki Karaer sagte, daß jener Nuri Candemir zu der Versammlung der PKK gekommen sei; um Cetin Güngör, Baki Karaer und ein weiteres Mitglied der PKK, eine Frau namens Seher zu töten. Karaer sagte in der Erklärung, die er eine Woche nach dem Mord abgegeben hat, daß Cetin Güngör der 21. sei, der von
der PKK getötet wurde. Baki Karaer sagte: "Ich empfinde große Reue, daß ich in meiner Vergangenheit in solch einer blutigen Organisation Verantwortung getragen habe. Diese Jahre stellen einen Schandfleck in meinem Leben dar."
Er sagte, daß er Enver Ata, der vor einem Jahr in Uppsala getötet worden ist, ebenfalls gekannt Habe. Karaer fuhr folgendermaßen fort: Jeder Kurde, der die Politik, das Programm und die Methode der PKK nicht akzeptiert, wird von der Organisation als Feind und Verräter betrachtet. Diese Sichtweise wird sichtbar im Programm der PKK und' sie wird ebenso in der Parteizeitung Serxwebun publiziert.
Nachdem Baki Karaer, Cetin Güngör, Enver Ata, Mehntet Karasungur und Resul Altunok, die alle schon in der Gründungsphase. der PKK 1974 beteiligt gewesen sind, 1980 ihre ersten Meinungsverschiedenheiten mit den anderen Mitgliedern des Zentralkomitee hatten, kam Baki Karaer nach Schweden.
Baki Karaer erklärte, daß er als er 1982 erstmals öffentlich gesagt habe, daß er die Organisation verlassen werde, von bewaffneten Mitgliedern der PKK gefangen genommen worden sei. Karaer sagte, daß er mehr als ein Jahr in einem Gefängnis der PKK zugebracht habe, das sich in den Höhlen nahe von Lolan im Irak befunden habe und daß er schließlich mit Unterstützung der Irakischen Kommunistischen Partei verlassen habe.
Er sagte, daß die Entscheidung ihn und Cetin Güngör "hinzurichten" am 18. Juni '84 auf einem PKK-Treffen getroffen und von Abdullah Öcalan unterzeichnet worden' ist. Er berichtete weiter, wie die Organisation' diese "Hinrichtungsbeschlüsse" ausführe: "Sie wählten eine bestimmte Person aus, die voll von Minderwertigkeitskomplexen war und sich leicht benutzen ließ, da sie in der Organisation nicht erfolgreich war. Nach einer politischen und ideologischen Gehirnwäsche, die einen Haß in dem Betreffenden gegen jede Art von Verrat erzeugen sollte, gab man dem Mörder eine Waffe und einen falschen Paß. Der Mörder mußte das Gefühl haben, daß ihm eine große Verantwortung übertragen sei und er durch die Erfüllung dieser verantwortungsvollen Aufgabe als Held angesehen werden würde. Der Mörder führte das Todesurteil blind und wie in Trance aus."

Baki Karaer sagte, daß er jetzt keine Informationen über Struktur, Ausbildungslager und die lokale Situation der PKK machen wolle, darüber aber ein Buch schreiben werde. Er sagte ebenfalls, daß er sehr genau wisse, auf welche Art und Weise derartige Entscheidungen im Zentralkomitee der PKK zustande kämen. Der Barbarismus der PKK ist im Mittleren Osten jedermann vertraut. Die Einheit kurdischer Befreiungskämpfer, unter deren
Namen sich der Mörder Enver Atas gestellt hatte, ist ein Flügel der PKK."
Baki Karaer nannte die Namen von 21 von der PKK in Schweden, Dänemark, Libanon, Iran, Irak und in der Türkei getöteten Menschen, die alle Mitglieder der PKK gewesen sind. Es folgt eine Liste der Namen:
Enver Ata, Cetin Güngör, Mustafa'Tangüner (PPKK), Zülfi Gök, Abdulla Kumral, Yasar Organ, Ethem Akcam, Abdullah Aziz, Halll Ibrahim, Resul Altunuk, Besi, Selehattin, Cemil, CetiIi Akkurt, Ayten Yilderim Saime Askin, Bircan Yildiz, Serdar (Codename), Hasan Hüseyin, Haci Sunta, Semsettin Aktas...

Erklärung von Baki Karaer vom 9.10 1985

Entwicklung in der PKK seit 1982:

Die erste Opposition gegen die zentrale Linie der PKK machte sich in Europa bemerkbar.
Im Sommer 1982 fand der ParteikongreB der PKK unter Waffen statt. Abdullah Öcalan (Apo), der Generalsekretär der Partei, äußerte sich in Hinblick auf die sich entwickelnde interne Opposition folgendermaßen: Ihr müsst akzeptieren, was ich sage. Wenn es zu einer Trennung kommen sollte, kann dies nicht in form eines demokratischen Prozesses geschehen, sondern dann sollten wir uns einander offen gegenüberstellen und sie bewaffnet austragen." '

Auf der Konferenz der PKK 1981 waren einige unterschiedliche Standpunkte deutlich geworden, die sich im wesentlichen auf zwei Punkte bezogen:
1. Es müsse eine ernsthafte Selbstkritik der eigenen Vergangenheit geleistet werden. da es in der Vergangenheit Bandenterrorismus gegeben habe und Terror gegen das Volk ausgeübt worden sei.
2. Das Manifest der PKK müsse inhaltlich geändert werden. Apo wandte sich gegen diese beiden Forderungen, da sie zur Zersetzung der PKK führen würden, was er nicht zulassen könne. Auch eine dritte Forderung, die Erarbeitung eines Parteistatuts lehnte er ab.
In der Zeit zwischen der Konferenz von 1981 und dem Parteikongreß im Sommer 1982 waren einige neue Mitglieder ins Zentralkomitee aufgenommen worden, u. a. Apos Frau Kesire, was nicht die Zustimmung aller ZK-Mitglieder fand. Baki Karaer befand sich unter denen, die diese Entscheidung nicht akzeptiert haben, und teilte deshalb seinen Entschluß mit, daß er seine Parteiämter niederlegen wolle. .
Zu diesem Zeitpunkt hatte die PKK mehrere der eigenen Mitglieder getötet, weil sie in Opposition zur Linie der Zentrale standen. Zu diesen Morden habe sich die Partei nicht offen bekannt, sondern an der Parteibasis wurde erklärt, die Betreffenden seien von den Israelis bei der Invasion im Südlibanon getötet worden. Da. es sich aber um Agenten des türkischen Geheimdienstes MIT gehandelt habe, sei dies eine gute Tat der Israelis gewesen. Als Baki Karaer sich auf einer
Parteiversammlung nach den genauen Umständen des Todes einiger der Mitglieder erkundigte, erhielt er zur Antwort, daß es sich ausschließlich um Agenten des MIT gehandelt habe, und daß man denen, die sich nach dem Tod eines Agenten erkundigten, ebenso mißtrauen müsse, wie Agenten.
In Irakisch-Kurdistan befand sich zu 1982/1983 auch Mehmet Karasungur. Genau wie Baki Karaer hatte auch Karasungur alle Parteifunktionen niedergelegt. Gemeinsam verfaßten sie kritische Statements und reichten sie an andere Mitglieder weiter. So informierten sie zum Beispiel darüber, daß die Partei ihre Politik gar nicht nach den auf dem Kongreß gefaßten Beschlüssen ausrichte. Sie forderten die Bekanntgabe der tatsächlich gefaßten Beschlüsse.
Karasungur starb beim Angriff der PUK auf das Hauptquartier der IKP im Mai 1983. Die PKK behauptete später, daß er als Parteifunktionär bei Friedensgesprächen ums Leben gekommen sei. Karaer wußte aber, daß er sich ins das Lager der IKP abgesetzt hatte.
Man schlug Raki Karaer vor, zwei Jahre lang zu schweigen. Diese Haltung solle mit einem fürstlichen Leben honoriert werden. Als er auf dieses Angebot nicht einging, wurde er weiter bedroht. Er wurde unter Druck gesetzt, Artikel für Serxwebun zu schreiben, verweigerte dies aber.
Nach dem Tod von Karasungur nahm die PKK ihn gefangen. Im Juli 1984 gelang ihm die Flucht in ein Camp der IKP.
Nach Baki Karaers Angaben befanden sich bereits bei seinem Eintreffen sieben andere PKKler in diesem Camp. Später seien weitere 13 dazu gekommen. Bis zum März 1984 seien nur einzelne PKK-Mitglieder in die Camps der IKP geflohen, danach seien die Flüchtlinge jedoch gruppenweise gekommen.
Die Zahl der Flüchtlinge habe nach Beginn der bewaffneten Aktionen der PKK in Türkisch-Kurdistan weiter zugenommen.

Ein anderes PKK-Mitglied, das im August 1985 in die Bundesrepublik Deutschland gekommen ist, hat Baki Karaer und Cetin Güngör (Semir) folgende Informationen gegeben: Er habe im Gefängnis der PKK Davut, Sores, Terzi Ali und Hüseyin Engizek, den politisch Verantwortlichen des Distrikts Maras, und weitere 18 Mitglieder der PKK gesehen. Hüseyin Engesek habe man in die Knie geschossen, um ihn an der Flucht zu hindern. Alle Gefangenen habe die PKK später in ein Gefängnis der KDP-lraks (Barzani-Söhne) verlegt.

Der Mord in Lausanne
zum Mord in Lausanne liegt uns von Kurtulus eine Beschreibung 'des Tatherganges sowie ein Flugblatt vor.

Der Mord in Lausanne
Am Abend des 30. Dezembers 1985 wurden ca. 400 m vom türkisch-kurdischen Kulturverein in Lausanne entfernt, ein türkischer und zwei kurdische junge Männer von drei Unbekannten mit Pistolen und Messern angegriffen.
Einer von ihnen war sofort tot, die beiden anderen schwer verletzt. Da die beiden am Leben geblieben waren, war es nicht schwierig; den Vorfall aufzudecken und die Mörder zu identifizieren. Alle drei hatten die Mörder in Genf gekannt und hatten sogar mehrere Diskussionen mit ihnen.
Es war offensichtlich, daß die drei Mörder in der Nähe des Kulturvereins gewartet hatten, bis alle gegangen waren, und dann die drei Zurückgebliebenen verfolgten.
Aber es waren noch einige andere Leute in der Nähe des Ortes des Verbrechens. Wie man später von der Polizei erfuhr, hatten drei von ihnen (Schweizer Bürger) die Polizei informiert und Beschreibungen der Mörder gegeben. Sie erkannten sie auf den Photos wieder, die ihnen von der Polizei vorgelegt wurden. Auf diese Weise wurde der Fall für die Polizei klar.
Die Polizei verfolgte sie (die Täter) ungefähr eine Woche lang anstatt sie festzunehmen, und dadurch wurden ebenfalls Verbindungen aufgedeckt. In der Folge wurden 13 Leute der PKK in Genf festgenommen. Da der Prozeß noch nicht begonnen hat, war, es bisher nicht möglich, Stellungnahmen dieser 13 zu erhalten. Aber es ist sicher, daß sich die drei Mörder darunter befinden. Es gibt 5 Zeugen (drei Schweizer Bürger und die bei den Verletzten), die die Mörder identifiziert heben. Und es ist für niemanden ein Geheimnis, daß sie Mitglieder der PKK sind.

"Die Neujahrsbotschaft des Genossen Abdullah Öcalan, Generalsekretär der PKK: Unser Volk wird dem Neuen Jahr noch bewußter und aktionsreicher entgegensehen und 1986 erfolgreich abschließen", Übersetzung aus "Serxwebun", Januar 1986
Seite 5:
"Heute sagen Einige: 'Die PKK bestraft diejenigen aus den eigenen Reihen." Wir sagen, es muß
allen bewußt sein, dass die PKK diejenigen nicht nur bestrafen wird, sondern ihnen kein Lebensrecht einräumen wird."
"Wir warnen die Chefs von Devrimci Isci, Partizan und Sol Birlik, die Drehbücher schreiben, um unser Volk irrezuführen. Sie sind keineswegs ungefährlicher als ihre faschistischen Herrscher,...

Es gibt noch mehr Zitate, aber sie sind so schlecht lesbar, dass man sie entweder abschreiben oder aber in Serxwebun erneut nachlesen sollte.

Guter Artikel von Can Dündar am 22.01.2002 in Milliyet:
Der Vater von Kürsat, Vecihi Timuroglu wehrt sich gegen die Vermutung von Taner Akcam, dass Kürsat an seiner Stelle ermordet wurde.
Auf seiner eigenen Homepage berichtet Can Dündar vom Verfahren gegen den Mörder von Kürsat, Ferit Aycan und dessen Protektion nach dem Austritt aus der PKK.
Die TAZ berichtete am 03.01.2002 vom Ausgang des Prozesses.
Hier Auszüge aus der Nachricht:
Obwohl das tödliche Attentat an Kürsat Timuroglu fast 16 Jahre zurückliegt, platzt der Staatsschutzsaal 288 gestern aus allen Nähten. FreundInnen - teilweise ein Bild von Kürsat am Revers - sind gekommen, um zusammen mit der Witwe Nilgun und ihren beiden Kindern dem Urteilsspruch gegen Farit Aycan (38) zu folgen. Nicht überraschend verurteilt der Staatsschutzsenat des Hanseatischen Oberlandesgericht (OLG) den Kader der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) wegen Mordes zu lebenslänglicher Haft mit der Bewertung: "Die Tat geschah aufgrund eines Auftrages der PKK-Führung."
Dabei sieht der OLG-Vorsitzende Albrecht Mentz die Mordmerkmale "Heimtücke" und "niedere Beweggründe" erfüllt, als Aycan Kürsat Timuroglu am 25. Februar 1986 in der Stiftstraße (St. Georg) auflauert und "im Charakter einer Hinrichtung" durch Kopfschüsse tötet. Der damals 22-Jährige hatte sich nach seiner Flucht aus der Türkei Mitte der achtiger Jahre "ganz der Tätigkeit der PKK verschrieben". Ihm sei bewusst gewesen, dass die PKK unter "rücksichtsloser Gewaltanwendung" einen Guerillakrieg für ein unabhängiges Kurdistan gegen türkische Einrichtungen führe und dabei auch blutig gegen "Abweichler" und "Abtrünnige" vorgehe - was die Morde an PKK-Dissidenten in Stockholm und Uppsala belegten.
Dem stellte sich laut Mentz eine Gruppe entgegen, deren maßgebliche Repräsentanten der Ex-Dev Yol-Kader Taner "Mehmet" Akcam und Kürsat Timuroglu waren, in dem diese offen auf Veranstaltungen gegen die PKK mobil machten. Für das Gericht ist sicher, dass Aycan speziell von der PKK-Führung für den Mordauftrag ausgesucht worden ist, "weil er für die PKK bislang nicht in Erscheinung getreten und in Hamburg nicht bekannt war". Denn die PKK-Führung - gemeint ist PKK-Chef Abdullah Öcalan - habe um "den Verlust der Macht und um einen Rückgang der Einahmen aus Europa gefürchtet". Mentz: "Es sollte ein Exponent beseitigt werden, der sich für eine gewaltfreie Lösung in der Türkei und die Eingliederung von Türken in Deutschland einsetzte."
Das Gericht lässt indes erkennen, dass Aycan nach 15 Jahren mit seiner Freilassung rechnen kann. Das verdankt er seinem Geständnis und der Abkehr von der PKK. "Sie sind der überzeugenden Beweiswürdigung der Bundesanwaltschaft nicht entgegengetreten, was bei Staatsschutzverfahren ungewöhnlich ist", sagt Mentz. "Das verdient Respekt." Kai von Appen


Hüseyin Celebi
Den unmittelbaren Befehl soll ein Hüseyin Celebi gegeben haben. Auf den Seiten der gefallenen PKK'ler ist er unter der Nummer 513 zu finden. Dort steht, dass Hüseyin C. am 22.09.1967 in Hamburg geboren wurde und seit 1982 für verschiedene Vereine und Publikationen wie das Kurdistan Zentrum und den Kurdistan Report arbeitete. Als vermeintlicher PKK-Verantwortlicher für Europa wurde er angeklagt und unter völliger Isolation in einem Gefängnis in Wuppertal gehalten. Er kam 1992 nach Südkurdistan und wurde von einem Peschmerge von Barzani am 11.10.1992 erschossen.

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