MLKP
MLKP
(Marxist-Leninist Komünist Partisi - Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei). Beitrag unter der Rubrik:
- NACH 1974 EXISTIERENDE/GEGRUENDETE PARTEIEN UND GRUPPIERUNGEN UND IHRE HEUTIGE SITUATION
Gründung: 1994/1995
Leitung: Hüseyin Demirci, der 1996 beim Hungerstreik starb.
Publikationen: "Atılım", eine legale Zeitung und "Kommunist", eine illegale Zeitschrift
Ideologie und Ziele
- - Maoistische Ideologie
- - Demokratische Revolution nach dem chinesischen Modell
- - Volkskrieg
- - Krieg durch bäuerliche Guerilla
Parteientwicklung
Die Partei wurde gegründet nach einer Fusion der TKP-ML Hareketi, auch bekannt unter dem Namen ihrer Zeitung "Devrimci Halkın Birliği", und der "Komünist İşçi Hareketi", die aus der THKPC-Halkın Yolu entstanden ist. Bei dieser Fusion gaben sich die beiden Organisationen den Namen MLKP. 1995 stieß die Gruppe TKP-ML İnşa Orgütü (TKP-ML Aufbau-Organisation) zur MLKP.
Hüseyin Demirci, Mitglied des Zentralkomitees der MLKP, starb am 25. Juli 1996 beim Hungerstreik in der geschlossenen Haftanstalt von Ankara (Ankara Kapalı Cezaevi).
Eine kleine Gruppe, die mit der Fusion nicht einverstanden war, trennte sich von der TKP/ML Hareketi und nannte sich "Proleter Devrimci Halkın Birliği" (Union des Revolutionären Proletarischen Volkes). Sie gibt unter demselben Namen eine Zeitschrift heraus.
Hochburgen der Organisation
In der Region Elbistan, aber nach der Migration der kurdischen und alevitischen Bevölkerung aus Elbistan, auch in Mersin, Izmir und Istanbul.
Verfolgungssituation
Seit der Entstehung gab es zahlreiche Übergriffe auf die Anhängerinnen dieser Organisation. Da sie in der Illegalität wirkt, sind Personen, die verdächtigt werden, Mitglieder oder Sympathisantinnen zu sein, stark gefährdet, Opfer von Folter zu werden oder zu langjährigen Gefängnisstrafen verurteilt zu werden. In einigen Quartieren der Vorstädte von Izmir ist diese Organisation stark verankert und sehr aktiv.
Diese Partei setzt sich aus den fünf folgenden Organisationen zusammen:
Die 5 (fünf) Organisationen
DHB (Devrimci Halkın Birliği - Revolutionäre Volkseinheit (1)
Gründung: Die DHB hat sich im August 1978 von der HB (Halkın Birliği) abgespalten. Anlässlich der ersten Konferenz vom 22. bis 27. April 1979 entschied sich eine Mehrheit der DHB für die Übernahme der Führung der HB. Der geschwächte Kern der ursprünglichen HB spaltete sich ein Jahr später durch eine Umbenennung in TKP/ML Yeniden İnşa Orgütü (Wiederaufbauorganisation der TKP/ML) von der HB ab.
Publikationen: İLERİ (Organ der TKP/ML Hareketi bzw. der DHB)
Ideologie und Ziele:
- - Anfänglich china-orientiert, nach einer Analyse der Besitzverhältnisse in der Türkei Neuausrichtung nach der Sowjetunion.
- - Starkes Engagement innerhalb der Fabriken, aber auch unter den Frauen.
Organisationsentwicklung:
Zur Zeit der Gründung der DHB waren bereits sämtliche politischen Tätigkeiten in der Region von Kahraman Maraş verboten, da dort im Dezember 1978 das Kriegsrecht ausgerufen worden war. Dennoch gelang es der DHB, die Bevölkerung zahlreicher alevitischer KurdInnendörfer in der Provinz von Kahraman Maraş für sich zu gewinnen. Sie führte ihre Aktivitäten denn auch vorwiegend in dieser Region aus. Deren Angehörige betätigten sich vor allem auf der Propaganda-Ebene, übten aber auch gewisse Hold-Ups und andere Aktionen aus.
Nach dem Putsch wurde die Organisation vollkommen zerschlagen und die meisten Aktivistinnen und Sympathisantlnnen inhaftiert. Erst in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre begann sie sich, neu zu organisieren, wobei sich ihr Betätigungsfeld aufgrund der Repression in der Provinz Kahraman Maraş zunehmend in Städte wie Mersin und Istanbul und später auch Izmir verlagert hat.
Hochburgen:
Pazarcik, Kahraman Mara1 (vor dem Putsch), Mersin, Istanbul und Izmir (nach dem Putsch).
Verfolgungssituation:
Sämtliche Mitglieder und Sympathisantinnen der DHB waren nach dem Putsch schwersten Verfolgungen ausgesetzt. Die Repression in Kahraman Maraş war außerordentlich einschneidend und betraf nicht nur die Aktivistinnen selbst, sondern auch alle Personen, die mit ihnen im Kontakt gestanden hatten, inklusive deren Familienmitglieder. In zahlreichen ausschließlich vor Militärgerichten geführten Prozessen sind mehrere hundert Personen aus dem Umkreis der DHB zu zum Teil hohen Zuchthausstrafen, einige Aktivistinnen sogar zum Tode verurteilt worden.
Aus zahlreichen zur Verfügung stehenden Unterlagen geht hervor, dass diese Gerichtsverfahren unter Verletzung der minimalsten Verfahrensrechte erfolgt sind, der Hauptteil der Anklagen auf Folteraussagen beruhte und Entlastungszeuginnen trotz entsprechender Anträge zum Teil erst gegen Ende der achtziger Jahre einvernommen worden sind.
Das Hauptverfahren gegen die DHB hat sich unheimlich in die Länge gezogen, da das erstinstanzliche Urteil vom Kassationshof zum Teil kassiert worden ist. Deshalb gab es gegen Ende der achtziger Jahre nochmals Inhaftierungen von gewissen Angeklagten aus diesem Verfahren zwecks Verbüßung ihrer Reststrafe.
Aufgrund der Neu-Organisierung der ehemaligen DHB-Angehörigen, in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre, innerhalb der TKP/ML Hareketi zuerst, und ab Mitte der neunziger Jahre innerhalb der MLKP, sind wegen DHB-Aktivitäten registrierte Personen nach wie vor asylrelevanten Verfolgungsgefahren ausgesetzt.
HY (Halkın Yolu - Volksweg) (2)
Gründung: Die HY ist aus einer Abspaltung aus der TIKKO entstanden.
Zeitung: Halkın Yolu: ein politisches Magazin, das von Januar 1977 bis November 1977 von Alaattin Şahin herausgegeben wurde; 1978 wurde es verboten.
Organisationsentwicklung:
Wie die HB (Halkın Birliği) hat sich auch der Halkın Yolu aus der TKP/ML herausgelöst und sich um eine eigene Zeitung gruppiert. Die Halkın Yolu löste sich im Jahre 1978 auf, nachdem ihre Zeitung verboten worden war. Die meisten ihrer Mitglieder schlossen sich darauf einer Gruppierung an, aus der sich später die TİKP entwickelte.
Verfolgungssituation:
Aktive Angehörige dieser Organisation wurden mit hohen Zuchthausstrafen bestraft. Alaattin Şahin zum Beispiel wurde für seine rund achtmonatige Tätigkeit als Herausgeber der Zeitschrift Halkın Yolu und seine Artikel darin zu 36 Jahren Gefängnis verurteilt.
THKP-CML, Halkın Yolu (3)
(Türkiye Halk Kurtuluş Partisi/Cephesi Marksist-Leninist - Volksbefreiungspartei der Türkei/ Marxistisch-leninistische Front)
Gründung: 1976
Publikationen: Halkın Yolu (Volksweg)
Ideologie und Ziele:
- - Sozialismus chinesischer Prägung.
Organisationsentwicklung:
Die THKP- C/ML wurde auch unter dem Namen ihrer Zeitung "Halkın Yolu" (Weg des Volkes) bekannt. Die Differenzen, die zwischen Albanien und der Volksrepublik China um das gültige Sozialismusmodell entstanden, führten auch in der 'THKP-C/ML zu Spannungen, die 1977 zu einem Bruch der Partei führten. Die pro-chinesische Hälfte näherte sich der TİKP (Türkische Arbeiterlnnen- und Bauern/Bäuerinnenpartei), die andere Hälfte, obwohl durch die Spaltung ziemlich geschwächt, brachte die Zeitung "Devrimci Halkın Yolu" heraus und versuchte so, die THKP-C/ML neu zu organisieren. Die THKP-C/ML wurde danach auch unter dem Namen ihrer Zeitung als Devrimci Halkın Yolu (DHY) bekannt.
Verfolgungssituation:
Es hat mehrere Prozesse gegen die THKP-C/ML gegeben, welche mit zum Teil langen Zuchthausstrafen und auch einigen Todesurteilen endeten.
DHY (Devrimci Halkin Yolu - Revolutionärer Volksweg) (4)
Gründung: 1977, aus einer Spaltung der THKP-C/ML um eine gleichnamige Zeitschrift herum entstandene Gruppierung. Sie baute die THKP-C/ML neu auf, wurde aber nach dem Namen ihrer Zeitung Devrimci Halkın Yolu genannt.
Zeitung: Devrimci Halkın Yolu
Ideologie und Ziele:
- - Pro-Albanisch
Organisationsentwicklung:
Nach dem Putsch wurde diese Organisation zerschlagen und praktisch aufgelöst.
Verfolgungssituation:
Nach dem Putsch von 1980 wurde gegen einige Aktivistinnen ein Verfahren eröffnet, weiches mit einer Verurteilung zu Zuchthausstrafen endete.
(Halkın Birliği - Volksvereinigung) (5)
Gründung: Ging 1976 als Abspaltung aus der TKP/ML hervor.
Zeitung: Seit 1976 wurde Halkın Birliği publiziert.
Ideologie und Ziele:
- - Theorie, Programm und Taktik inspirieren sich am Maoismus.
- - Spätere Verurteilung der KP China für ihren Revisionismus.
- - Bildung einer unabhängigen marxistisch-leninistischen Organisation, die sich an Marx, Engels, Lenin und Stalin orientiert.
- - Verteidigung des wissenschaftlichen Sozialismus und Kommunismus (Marx, Engels ).
- - Herbeiführen einer Volksrevolution unter Vereinigung des Proletariats und der Kleinbourgeoisie.
Organisationsentwicklung:
Innerhalb der TKP/ML gab es zunächst einen Dreierblock, der sich aus der HY (Halkın Yolu), der HK (Halkın Kurtuluşu) und eben der HB zusammensetzte. Wie die andren zwei löste sich auch die HB allmählich von der TKP/ML, organisierte sich neu um ihre eigene Zeitung und trat fortan als legaler Zweig der illegalen Organisation TKP/ML Hareketi (TKP/ML Bewegung) in Erscheinung. Die HB bezeichnete sich selbst als Nachfolgeorganisation der TKP/ML. Aus diesem Grunde kann es sein, dass ein Anhänger von HB oder der ihr nahe stehenden illegalen Bewegung TKP/ML Hareketi das Gründungsdatum seiner Organisation mit 1972 angibt, jenem der TKP/ML.
Bereits kurz nach der definitiven Abspaltung von der TKP/ML zeichneten sich auch innerhalb der TKP/ML Hareketi ihrerseits Unstimmigkeiten ab, in deren Folge es 1977 und nochmals 1978 zu neuerlichen Abspaltungen mehrerer Fraktionen kam, welche die HB sehr schwächten. Die 1978 gebildete DHB (Devrimci Halkın Birliği - Revolutionäre Volkseinheit) konnte die Mehrheit der Anhängerinnenschaft für sich gewinnen und übernahm an der Konferenz vom 22. bis 27.4.1979 die Führung innerhalb der HB.
Der geschwächte Kern der ursprünglichen HB führte im Frühjahr 1980 eine eigene Konferenz durch und nahm damals eine Umbenennung zur TKP/ML Yeniden İnşa Orgütü (Wiederaufbauorganisation der TKP/ML) vor.
Verfolgungssituation:
Personen, die dieser Organisation zugerechnet werden, müssen damit rechnen, dass sie mit der Linie der TKP/ML, resp. TIKKO gleich gesetzt werden und dafür hohe Strafen riskieren. Angehörige dieser Organisation sind in der Vergangenheit zu hohen Zuchthausstrafen und sogar zum Tode verurteilt worden.
Personen, welche wegen Aktivitäten für diese Organisation registriert sind, müssen auch heute noch mit asylrelevanten Verfolgungsmaßnahmen rechnen.
Urheberrechtlicher Hinweis: Alle Angaben sind dem Werk "Türkei-Turquie" der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH), Bern, April 1997 entnommen. Die Loseblattsammlung ist vergriffen. Deshalb waren die Autorin Denise Graf und der Autor Bülent Kaya ausdrücklich damit einverstanden, dass der Inhalt per Internet einem breiteren Publikum zugänglich gemacht wird. Im Text wurde weitestgehend die neue deutsche Orthographie benutzt. Es wurden keine inhaltlichen Veränderungen vorgenommen.