Formen so genannter Sippenhaft

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Meldungen aus den letzten Jahren sind u.a.

2004

Özgür Gündem vom 09.09.2004

Prügel in Osmaniye

Mahir Yilmaz Sari hat sich beim IHD in Adana beschwert, dass er in der letzten Woche in Osmaniye von Polizisten verprügelt wurde. Er habe eine Strafe wegen Unterstützung der DHKP/C erhalten, die er im August 2003 verbüßt hatte. Seitdem werde er von der Polizei belästigt. Er sei deswegen nach Adana gezogen, aber die Polizei besuchten seine Familie bei Nacht und bedrohten und beschimpften sie. Vor einer Woche sei er selber nach Osmaniye gefahren. Die Polizisten hätten ihn zunächst nach seinem Ausweis gefragt und dann hätten sie ihn ins Auto gezerrt, bedroht und verprügelt.

Özgür Gündem vom 07.10.2004

"Sippenhaft"ung

Halis Ince, der ältere Bruder von Songül Ince, die bei der Operationen gegen die Gefängnisse vom 19.12.2000 verletzt wurde und im Jahre 2002 für 6 Monate aus der Haft entlassen wurde, hat sich beschwert, dass die in Istanbul lebende Familie dauernd belästigt werde. Seine Schwester sei nach der Haftentlassung ins Ausland gegangen. In der letzten Zeit hätten sich die Hausdurchsuchungen gehäuft. Am 14. September sei die Polizei gekommen und durch ihr Auftreten hätten die Kinder einen Schock erlitten. Zwei Tage darauf sei die Polizei erneut gekommen und erst kürzlich sei sie wieder nachts zu einer Hausdurchsuchung erschienen. Halis Ince kündigte an, dass die Familie sich bei IHD und der Staatsanwaltschaft Gaziosmanpasa beschweren werde.

Bia vom 19.12.2004

Journalist mehrfach festgenommen

Berichte über den Journalisten Mustafa Benli, der als Chefredakteur der Zeitschrift "Hedef" seit 1998 in Haft war, sprechen davon, dass er nach seiner vorzeitigen Haftentlassung aufgrund des neuen Strafgesetzes drei Mal wieder in Polizeihaft genommen wurde. Im Verlauf des Todesfastens war er am Wernicke-Korsakoff-Syndrom erkrankt. Im Dezember wurde er nun wegen des geringeren Strafmaßes im neuen Strafgesetz aus dem Gefängnis vom Typ F in Edirne freigelassen. Beim Verlassen des Gefängnisses wurde er gleich in Polizeihaft genommen, aber nach ein paar Stunden wieder freigelassen. Er ging nach Corum, wo er am 7. Dezember erneut festgenommen wurde. Erst nachdem klar wurde, dass auf ihn die Änderungen des § 312 TSG anzuwenden sind, wurde er freigelassen. Am 8. Dezember wurde Mustafa Benli erneut festgenommen, dieses Mal, weil er im Verfahren wegen der Operation in der geschlossenen Haftanstalt von Ankara noch keine Aussage gemacht hatte. Nach 8 Stunden kam er wieder auf freien Fuß.

2005

Özgür Gündem vom 03.09.2005

Familie eines Politikers belästigt

Cemal Coşkun, Mitglied des Parteiparlaments der DEHAP, sprach auf einer Pressekonferenz im IHD. Er beschwerte sich, dass seine Familie seinetwegen belästigt werde. Falls die Polizei nach ihm suche, so könne man ihn leicht finden. Die Polizisten kämen aber immer, wenn er nicht zu Hause. Das sei in den letzten zwei Wochen vier Mal passiert, als seine 14-jährige Tochter allein zu Hause war.

Evrensel vom 10.12.2005

Folter in Hakkari

Giyasettin Demir und Nedim Demir, die in der Stadt Gecitli der Provinz Hakkari am 8. Dezember von Soldaten festgenommen worden waren, haben Foltervorwürfe erhoben. Die Soldaten kamen zum Haus von Ali Demir, der die Gendarmerie wegen ungesetzlicher Beschlagnahme seines Landes verklagt hatte. Da sie Ali Demir nicht antrafen, nahmen sie seine Söhne mit. Sie wurden aus der Stadt gebracht und ein Feldwebel beschuldigte sie mit vorgehaltener Waffe, sie verklagt zu haben. Er fragte die Brüder, ob sie den Ali Kaya kennen würden, der an dem Angriff auf den Buchladen Umut in Semdinli beteiligt war. Er sei ein Patriot und hätte nicht verhaftet werden sollen. Nach einem Verhör von 3 Stunden wurden die Brüder wieder freigelassen. Sie beschwerten sich beim IHD in Hakkari.

2006

Evrensel vom 23.02.2006

Drohungen und Vergewaltigung

Am 22. Februar sprach Ayhan Kilic auf einer Pressekonferenz des IHD Istanbul. Er berichtete von einem Vorfall am 30. Januar. Er sei in einem roten Auto entführt worden. Danach erinnere er sich nur, dass er in einem Keller zu sich kam. Er wurde nackt ausgezogen und vergewaltigt. Fünf maskierte Personen befragten ihn und zeigten ihm Fotos von seinen Verwandten. Sie forderten ihn auf, als Spitzel zu arbeiten und drohten, seinen Verwandten etwas anzutun. Er käme nur frei, wenn er bereit sei, eine Bombe in das Büro der DTP zu werfen oder in der Jugendabteilung verdeckt zu arbeiten. Ayhan Kilic berichtete ferner, dass ein ca. 25-jähriger Mann dort in seinem Blute gelegen habe.

Özgür Gündem vom 24.03.2006

Festnahmen in Van

Bei einer Polizeioperation wurden in der Nacht vom 23. März Metin Özlü und Hamdullah Kumru in Van festgenommen. Die Wohnungsinhaberin Perihan Özlü wandte sich an den IHD und berichtete, dass ihr Mann Irfan Özlü im Jahre 1990 unter Folter ermordet worden sei. Da einer ihrer Söhne sich der Guerilla angeschlossen habe, werde ihre Wohnung ständig überfallen. Ihr werde vorgeworfen, Terroristen, die aus den Kandil-Bergen kommen, Unterschlupf zu gewähren.

DIHA vom 17.08.2006

Festnahmen in Van

Am 16. August überfiel die Polizei in Van ein Haus. Dort richteten sie eine temporäre Station ein (warteten auf Ankommende, DTF). Sie nahmen C. Isik (16) und seinen Bruder F. Isik (15) vorläufig fest. Später wurden sie freigelassen und an ihrer Stelle der Vater Yusuf Isik festgenommen. Seine Frau Dilber Isik sagte, dass ihnen kein Grund für die Festnahme genannt wurde und sie während der Razzia mit Waffen bedroht wurden.

Radikal vom 24.08.2006

Foltervorwürfe in Mersin

Muhammet Ali Köse hat Vorwürfe erhoben, dass am 12. August die Polizei in Mersin ihn am Arbeitsplatz, an einem verlassenen Ort und auf der Polizeiwache geschlagen hat. An jenem Tage kamen die Beamten H.C. und I.S. von der zentralen Polizeistation in Mersin zwei Mal zu seinem Imbiss und fragten nach dem älteren Bruder Mustafa Kemal Köse. Die Beamten regten sich über die Antwort, dass sie als Polizisten ihn selber finden sollten, auf. Sie schlugen Muhammet Ali Köse auch in Gegenwart der Kunden Fikret Deniz, Tevfik Yilmaz, Hasan Gündogdu und Mustafa Kasap, legten Herrn Köse Handschellen an und führten ihn zum Auto. Bei dem Vorfall sollen die Fensterscheiben des Imbiss zu Bruch gegangen sei. Nach Aussage von Ali Köse sei es auf einen hügligen Weg zum Dorf Yassibag gegangen. Dort sei er wieder verprügelt und mit dem Tode bedroht worden.

15 Personen, die gesehen hatten, wie Köse verprügelt wurde, gingen zur Polizeiwache und fragten nach ihm. Einem von ihnen, Irfan Göktas, gelang es, zu den Zellen zu gelangen. Dort sah er Köse nackt und auch, dass er geschlagen worden war. Auf Druck der Freunde wurde Köse freigelassen und von seinen Freunden ins Krankenhaus gebracht. Es wurde Spuren von Schlägen im Gesicht, auf dem Rücken, der Brust und am Kopf festgestellt. Der linke kleine Finger war gebrochen. Muhammet Ali Köse stellte Strafanzeige.

Toplumsal Demokrasi vom 09.12.2006

Foltervorwürfe in Igdir

Bayram Otay (60) und sein Sohn Gündüz (26) haben den Soldaten der Gendarmeriestation Tuzluca vorgeworfen, sie nach ihrer Festnahme in Igdir am 2. Dezember gefoltert zu haben. Wie verlautete, wurde zuerst die Wohnung des Sohnes Yasar Otay durchsucht. Es gelang Yasar Otay aber fortzulaufen. Daraufhin wurden Bayram Otay und Gündüz Otay festgenommen, weil sie Yasar Otay die Flucht ermöglicht haben sollten. Sie verbrachten eine Nacht auf der Gendarmeriestation, bevor sie in U-Haft kamen. Ein weiterer Sohn, Yunus Otay, stellte dann Strafanzeige mit der Begründung, dass sein Vater und sein Bruder die ganze Nacht lang gefoltert worden seien. Seinem Bruder seien die Finger gebrochen worden. Zunächst hätten die Soldaten Atteste beim Staatskrankenhaus in Tuzluca besorgt, dass beide Gefangenen gesund seien, aber der Haftrichter schickte sie zu einer weiteren Untersuchung, als sie sich über Folter beschwerten. Dieses Mal wurden Spuren von Schlägen am Körper festgestellt.

2007

atilim.org, 12.11.2007

Misshandlungen in Adana

Adile Ünal gab im Büro des Menschenrechtsvereins IHD in Adana eine Presseerklärung. Sie berichtete, dass am 9. November zwei Zivilpolizisten zu ihrem Haus gekommen seien und nach ihrem Sohn Ahmet Ünal fragten. Sie habe gesagt, sie wisse nicht, wo ihr Sohn ist. Die beiden Polizisten hätten sie bedroht und die Wohnung mit Gewalt betreten. Dann hätten sie Adile Ünal, ihren Bruder Ömer Can und ihren Sohn Hüseyin Ünal mit Eisenstöcken geschlagen. Sie hätten auch die Schwiegertochter und ihren 1 1/2 jährigen Enkel festgenommen, wobei sie Pfeffergas auf ihre Augen gesprüht hätten. Sie seien zur Polizeistation im Stadtteil Hürriyet gebracht worden. Im Polizeiauto seien sie beschimpft worden: „Ihr seid aus Mardin, ihr seid alle Terroristen.“ Von den Schlägen hätten sie überall am Körper blaue Flecken gehabt. Ihr Bruder Ömer Can und ihr Sohn Hüseyin Ünal seien unter der Anklage des Widerstands gegen die Polizei festgenommen worden.