Verkürzung der Polizeihaft

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Die maximale Dauer der Polizeihaft lag zwischen dem 17.06.1985 und dem 12.03.1997 bei 15 Tagen (doppelt so lange im Gebiet unter Ausnahmezustand). Am 12.03.1997 wurde sie für gewöhnliche, aber gemeinsam begangene Vergehen auf vier Tage reduziert. Vergehen nach dem Anti-Terror Gesetz (ATG) bzw. Delikte, die vor den Staatssicherheitsgerichten (SSG) verhandelt wurden, zogen eine maximale Dauer der Polizeihaft von sieben Tagen nach sich. Die maximale Dauer der Polizeihaft wurde für das Gebiet unter Ausnahmezustand auf zehn Tage festgelegt.

Seit dem 6. Februar 2002 gelten für Delikte unter der Gerichtsbarkeit der SSG (bzw. nun Sonderkammern der Landgerichte) 48 Stunden als die normale Dauer der Polizeihaft, die auf vier Tage ausgedehnt werden kann. Sollte in einigen Gebieten der Türkei der Ausnahmezustand wieder ausgerufen werden, so dürfte hier legal die maximale Dauer der Polizeihaft sieben Tage umfassen.

Bis zum 19. Juli 2003 (Gesetz 4928) hatten die Personen, die unter dem Verdacht eines Verstoßes gegen das ATG standen, in den ersten zwei Tagen ihrer Polizeihaft kein Recht auf einen Rechtsbeistand. Inzwischen besteht das Recht auf einen Verteidiger für alle Delikte vom Augenblick der Festnahme an. Der Artikel 148 neue StPO schreibt sogar vor, dass bei der Aufnahme der Aussage eines Verdächtigen bei den uniformierten Kräften ein Anwalt anwesend sein muss, wenn diese Aussage als Beweismittel verwertet werden soll.

Mit dem Gesetz 5532 vom 29.06.2006 wurden etliche Bestimmungen des Anti-Terror-Gesetzes geändert. Nach Artikel 10 kann bei Personen, die nach diesem Gesetz angeklagt werden, auf richterliche Anordnung (Antrag durch den Staatsanwalt) ein Rechtsbeistand für die ersten 24 Stunden verweigert werden.

Artikel 19 der Verfassung

Am 03.10.2001 wurden mit dem Gesetz 4709 etliche Artikel der Verfassung von 1982 geändert. Dazu gehört auch der Artikel 19, der erste Artikel im Kapitel mit der Überschrift "III. Persönliche Freiheit und Sicherheit". Die relevanten Passagen lauten wie folgt (eigene Übersetzung):

"Absatz 4: Den festgenommenen oder verhafteten Personen werden die Gründe für die Festnahme oder Verhaftung und die Vorwürfe gegen sie in jedem Fall schriftlich, wenn dies nicht gleich möglich ist, sofort mündlich, bei gemeinsamen Vergehen spätestens bis zur Vorführung beim Richter mitgeteilt."

(Dieser Absatz wurde nicht verändert)

"Absatz 5: (geändert: 03.10.2001-4709) Die festgenommene oder verhaftete Person muss abzüglich der Frist des Transportes vom Haftort zum nächsten Gericht spätestens innerhalb von 48 Stunden, bei gemeinsam begangenen Vergehen spätestens innerhalb von vier Tagen einem Richter vorgeführt werden. Niemand darf ohne einen richterlichen Beschluss seiner Freiheit beraubt werden, wenn diese Fristen verstrichen sind. Diese Fristen können unter Ausnahmezustand, Kriegsrecht oder im Falle von Kriegen verlängert werden."

Sonderbehandlung von politischen Gefangenen

Mit dem Gesetz 4744 (das 1. Paket zur Anpassung an die EU) wurden diese Änderungen nun auch in das Gesetz 2845 zur "Gründung und Strafprozessordnung von Staatssicherheitsgerichten" übernommen. Das am 6. Februar 2002 verabschiedete Paket (Gesetz 4744) bestimmte in Artikel 5 (eigene Übersetzung): "Der zweite Satz im zweiten Absatz des Artikels 16 im Gesetz 2845 vom 16.06.1983 zur Gründung und Strafprozessordnung von Staatssicherheitsgerichten wurde aus dem Text gestrichen und die Absätze drei und vier wurden folgendermaßen verändert.

Für Personen, die im Gebiet des nach Artikel 120 der Verfassung ausgerufenen Ausnahmezustands festgenommen oder verhaftet werden, kann die im Absatz 2 mit vier Tagen bestimmte Frist auf Antrag eines republikanischen Staatsanwaltes und auf richterlichen Beschluss auf sieben Tage verlängert werden. Vor der Entscheidung hört der Richter die festgenommene oder verhaftete Person. Ein verhafteter Angeklagter kann jederzeit mit seinem Verteidiger sprechen. Nachdem die republikanische Staatsanwalschaftt schriftlich die Verlängerung der Dauer der Polizeihaft angeordnet hat, wird die gleiche Bestimmung auch auf die Person in Polizeihaft angewandt."

Das Gesetz 4748 (das 2. Paket) vom 9. April 2002 hob den letzten Absatz des Artikels 16 aus dem Gesetz 2845 vom 16.06.1983 zur Gründung und Strafprozessordnung von Staatssicherheitsgerichten auf. Nach dieser Bestimmung war es dem Richter bis zur Eröffnung der Hauptverhandlung möglich, dem Angeklagten und seinem Verteidiger bestimmte Informationen vorzuenthalten und ihre Gespräche durch einen Richter überwachen zu lassen. Durch Änderungen am ATG vom 29.06.2006 wurde diese Revision wieder rückgängig gemacht.

Mit dem Gesetz 4928 vom 19. Juli 2003 wurde die Möglichkeit geschaffen, dass Personen, die unter Bestimmungen des ATG festgenommen wurden, Rechtsbeistand in Polizeihaft haben können. Durch Änderungen am ATG vom 29.06.2006 wurde dies wieder rückgängig gemacht.

Seit dem 1. Juni 2005 gelten nun folgende Regeln:

Die StPO

Artikel 91 der neuen Strafprozessordnung (StPO, Ceza Muhakemeleri Kanunu = CMK, das Gesetz mit der Nummer 5271), lautet (eigene Übersetzung):

"(1) Für eine Person, die nach dem vorhergehenden Artikel gefasst wird, kann, falls die republikanische Staatsanwalt sie nicht entlässt, eine Entscheidung zur Festnahme ergehen, um die Ermittlungen zu vervollständigen. Die Dauer der Festnahme darf vom Augenblick der Ergreifung 24 Stunden nicht überschreiten.

(2) Die Festnahme hängt davon ab, ob diese Maßnahme für die Ermittlungen notwendig ist und ob es Hinweise darauf gibt, dass die Person ein Vergehen begangen hat.

(3) Bei gemeinsam begangenen Vergehen kann der republikanische Staatsanwalt aufgrund der Schwierigkeit, die Beweise zusammenzutragen oder wegen der Vielzahl der Verdächtigen schriftlich anordnen, dass die Polizeihaft jedes Mal nicht länger als einen Tag um eine Frist von drei Tagen verlängert wird. Die Anordnung der Verlängerung der Polizeihaft wird der festgenommenen Person sofort zugestellt.

(4) Gegen das Ergreifen, die Festnahme und gegen die schriftliche Anord-nung des republikanischen Staatsanwalts auf Verlängerung der Polizeihaft kann die ergriffene Person, ihr Verteidiger oder gesetzlicher Vertreter, sowie Verwandte und Verschwägerte ersten oder zweiten Grades den Friedensrichter anrufen, um eine sofortige Freilassung zu erwirken. Der Friedensrichter prüft die Sache nach Aktenlage und kommt zu einem sofortigen Bescheid zu dem Antrag, noch bevor 24 Stunden vergangen sind. Wenn er zur Ansicht gelangt, dass die Ergreifung, die Festnahme oder die Verlängerung der Polizeihaft angemessen ist, lehnt er den Antrag ab oder fasst einen Beschluss, dass die ergriffene Person mit den Ermittlungsunterlagen sofort der republikanischen Staatsanwaltschaft vorgeführt wird.

(5) Eine aufgrund des Ablaufs der Frist der Polizeihaft oder auf Beschluss des Friedensrichters entlassene Person darf aufgrund der Tat, die der Ergreifung zugrunde lag, nicht erneut ergriffen werden, sofern nicht neue und ausreichende Beweise gefunden wurden und der republikanische Staatsanwalt einen Beschluss fasst.

(6) Falls die festgenommene Person nicht freigelassen wird, wird sie am Ende dieser Fristen dem Friedensrichter vorgeführt und verhört. Bei dem Verhör ist auch ein Verteidiger anwesend."