Haftanstalten und Strafvollzug in der Türkei

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Wie in vielen anderen Ländern, wird in der Türkei zwischen Untersuchungshaft und Strafhaft unterschieden. Der Strafvollzug erfolgt in geschlossenen, halb geschlossenen und Vollzug offenen Haftanstalten, wobei bei Ersteren eine Unterteilung in ordentliche und Hochsicherheitsgefängnisse stattfindet. In vielen Gefängnissen gibt es gesonderte Trakte für Frauen und manchmal auch für Kinder und Jugendliche. Es gibt aber auch gesonderte Gefängnisse für Frauen und Kinder.

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Geschichte

Im Osmanischen Reich wurden die Gefängnis Kerker (zindan) genannt. In der Türkei waren die Kerker meistens dunkle und feuchte Türme.[1] Das erste Gefängnis wurde im Istanbuler Stadtteil Sultanahmet im Jahre 1831 erbaut und wurde allgemeines Gefängnis (Hapishane-i Umumi) genannt.

Mit dem 1858 eingeführten Strafrecht wurde neben der Todesstrafe nach Schwerarbeit auf Galeeren (kürek für das Rudern auf Schiffen), an den Pranger stellen (prangabentlik) und im Turm einsperren (kalebentlik) unterschieden.[2]

Mit dem am 1. März 1926 verabschiedeten Strafgesetz Nr. 765 wurde nach schweren Straftaten (und entsprechenden Strafen, vergleichbar den aus Deutschland bekannten Zuchthausstrafen) und leichten Straftaten unterschieden. Neben den Straftaten (cürüm) gab es auch Übertretungen (kabahat). Mit dem Gesetz Nr. 5349 vom 11. Mai 2005 wurde die Unterscheidung in leichte und schwere Strafen aufgehoben.

Die Zeit von 1980 bis 2000

Mit dem Militärputsch vom 12. September 1980 wurde in allen seinerzeit existierenden 67 Provinzen der Türkei das Kriegsrecht ausgerufen. Mitglieder von bewaffneten und unbewaffneten linken und rechten Organisationen, deren oftmals blutige Auseinandersetzungen als Grund für den Putsch angegeben wurden, mussten sich vor Militärgerichten verantworten. Daher wurden Zivilisten an vielen Orten in Militärgefängnissen gehalten. Neben dem Militärgefängnis Mamak in der Provinz Ankara, erlangten vor allem das Gefängnis Metris (in Istanbul) und das (wiederum als Kerker bezeichnete) Gefängnis in Diyarbakır eine traurige Berühmtheit.

Aufgrund der hohen Anzahl von Gefangenen wurden ab 1982 viele neue Gefängnisse gebaut. AI gab in einem Bericht vom November 1988 an, dass die Zahl der Gefängnisse auf 644 und die Kapazität von 55.000 auf über 80.000 gestiegen sei.[3] Ab 1986 organisierten sich die Angehörigen von politischen Gefangenen im Menschenrechtsverein (IHD), aber auch in Gruppen zur Solidarität mit Gefangenen bestimmter Organisationen (wie TAYAD). Mit ihrer Hilfe versuchten die Häftlinge ihre Forderungen auf Verbesserung der Haftbedingungen und die dazu durchgeführten Hungerstreiks (Todesfasten) an die Öffentlichkeit zu bringen.

Im April 1991 wurde das Gesetz Nr. 3713 zur Bekämpfung des Terrorismus (Terörle Mücadele Kanunu, kurz auch Anti-Terror Gesetz, ATG) verabschiedet. Artikel 16 des Gesetzes sah vor, dass alle Personen, die unter die Bestimmungen dieses Gesetzes fallen, in Hochsicherheitstrakten untergebracht werden.

Die Zeit seit 2000

Hatten die politischen Gefangenen im Jahre 1996 die Verlegung in das erste Hochsicherheitsgefängnis in Eskişehir (es wurde "Spezialtyp-Gefängnis" genannt) mit einem Todesfasten, das 12 Menschenleben kostete, verhindert, so gelang es ihnen im Jahre 2000 nicht, die Verlegung in weitere Hochsicherheitsgefängnisse (nun "Typ-F-Gefängnis genannt) zu verhindern. Mittlerweile gibt es 13 Gefängnisse des Typs „F“. Hinzu kommen zwei Gefängnisse des Typs „D“, die ebenfalls als Hochsicherheitsgefängnisse bezeichnet werden.

Zahlen und Fakten

Nach Angaben des Generaldirektorats für Straf- und Haftanstalten [4] (Ceza ve Tevkifevleri Genel Müdürlüğü, Teil des Justizministeriums der Türkei) waren am 01.12.2008 von den 384 Haftanstalten in der Türkei 346 geschlossene und 28 offene Haftanstalten in Betrieb. Es gab 3 Erziehungsanstalten für Kinder. Für Frauen gab es 3 geschlossene und 1 offene Haftanstalt und für Kinder und Jugendliche 3 geschlossene Haftanstalten. Mit Stichtag vom 01.12.2008 waren in diesen Anstalten insgesamt 103.296 Gefangene, 44.038 in Untersuchungshaft und 59.258 in Strafhaft.

Im Jahre 2006 wurden 20, im Jahre 2007 wurden 50 und 2008 wurden bis zum Oktober 16 neue Haftanstalten auf Kreisebene erbaut. Seit dem Jahre 2006 wurden außerdem 27 moderne Haftanstalten in Ankara, Istanbul, Çorum, Alanya, Metris, Silivri, Antalya, Kırıkkale, Rize und Istanbul errichtet.

Offizielle Angaben zur Zahl von Gefangenen befinden sich in Jahresberichten der Menschenrechtsstiftung der Türkei und auf den Internetseiten des Generaldirektorats für Straf- und Haftanstalten

Jahr Strafhaft U-Haft
Gewöhnlich Terror” Summe Gewöhnlich Terror” Summe Gesamtsumme
1990 27731 1642 29373 14488 1745 16233 45.606
1991 10652 395 11047 14760 1044 15804 26.851
1992 12301 522 12823 15597 3062 18659 31.482
1993 14300 847 15147 14681 4977 19658 34.805
1994 15787 1094 16881 15638 6412 22050 38.931
1995 20371 1637 22008 17058 7025 24083 46.091
1996 24651 2328 26979 17697 6207 23904 50.883
1997 32155 4179 36334 19346 4926 24272 60.606
1998 31647 4239 35886 19670 4835 24505 60.391
1999 37986 6145 44131 19953 3497 23450 67.581
2000 20378 4467 24855 20467 4190 24657 49.512
2001 22425 5116 27541 24886 3182 28068 55.609
2002 25514 5123 30637 25928 2622 28550 59.187
2003 28554 4161 32715 29605 1976 31581 64.296
2004 23840 2170 26010 30302 1618 31920 57.930
2005 22765 2093 24858 29475 1537 31012 55870
2006 24220 2116 26336 42222 1719 44141 70.477
2007 34852 2418 37608 47091 2102 53.229 90.837
2008 42234 2540 45207 50470 2899 58028 103.235

Mittlerweile beinhalten die Statistiken des Ministeriums auch die Kategorie "auf Gewinn orientierte Straftaten" (çıkar amaçlı suçlar, im neuen Strafrecht sind das Gruppen, die zur Begehung von Straftaten gebildet wurden und die allgemein als Mafia bezeichnet werden). Im Jahr 2007 befanden sich 338 Mafiosi in Strafhaft und 4036 in U-Haft. Im Jahr 2008 waren es 433 Strafhäftlinge und 4659 Untersuchungsgefangene, denen organisierte Kriminalität vorgeworfen wird.[5]

Das Demokratische Türkeiforum (DTF) hat eine Übersicht zu Gefängnissen in der Türkei mit Stand von Oktober 2008 erstellt. Darin sind folgende Gefängnistypen aufgelistet:

Typ Gesamt Kapazität (einzeln) Kapazität (gesamt) Weitere Details
A 21 24-30 792 Gefängnisse auf Kreisebene, die in 1950er und 1970er Jahren erbaut wurde. Es gibt 4 Säle[6] (koğuş), Bad, Küche, Bibliothek und einen Konferenzsaal. Für Frauen und Kinder gibt es gesonderte Abteilungen.
A1 16 24-40 508 Wie Typ A; zusätzlich 2 Zellen und Platz neben den Sälen, die als Küche genutzt werden können.
A2 17 40 744 In den 1950er und 1960er Jahren erbaut; 5 Säle und 2 Disziplinarzellen.
A3 31 60 2295 In den 1950er und 1960er Jahren erbaut; es gibt 6 Säle.
B 16 64 1068 7 Säle und 2 Disziplinarzellen; an jedem Saal Platz, der als Küche genutzt werden kann und zu jeden Raum ein gesonderter Platz zum Hofgang.
C 7 164-300 1696 8 Säle und 4 Disziplinarzellen; Bad und an jedem Saal Platz, der als Küche genutzt werden kann.
D 2 750 1732 11 Blocks, darunter ein Block für die Verwaltung; 230 Räume. Im Block gibt es eine Wäscherei, eine Bibliothek, 1 Schulungsraum und 16 Hobby-Mehrzweckräume. Die unteren Stockwerke im Block H und L sind Disziplinarzellen. Im ersten und zweiten Stockwerk des Blocks G gibt es jeweils 10 Räume zur Beobachtung. Im Block G sind zwei Krankenstuben mit je 10 Betten. Die Gefängnisse beruhen auf dem System von Einzelzellen oder Zellen mit 3 Personen.
E[7] 45 600-1000 29753 Sie wurden auf 2 Stockwerken nach dem Saalprinzip (koğuş) erbaut und dann auf das Raumprinzip für 2, 4, 6, 8 und 10 Personen umgebaut. Jeder Raum hat einen gesonderten Platz für den Hofgang. Das obere Stockwerk des ersten Teils ist für die Verwaltung. Die unteren Stockwerke sind die Essenssäle und die oberen Stockwerke die Schlafräume. Es gibt eine Abteilung zur Überwachung von 80 Personen. Neben Küche und Waschräumen gibt es einen Friseur, Hamam, Besuchsräume, Gebetsraum, Konferenzsaal und Werkstätten. Die Gebäude haben Heizung.
F 13 368 4966 Siehe Gefängnisse vom Typ F
H 5 500 3255 Sie wurden nach dem Raumprinzip mit zwei Stockwerken erbaut und haben 2 Blocks. Es gibt 200 Einzelzellen und 100 Räume für 3 Personen. Es gibt getrennte Essensräume und eine voll ausgerüstete Küche. Neben Küche und Waschräumen gibt es einen Friseur, Hamam, Besuchsräume, Gebetsraum und einen Konferenzsaal. Die Gebäude haben Heizung.
K1 83 60 3553 Gefängnisse auf Kreisebene mit 4 Sälen und 2 Disziplinarzellen. Es gibt eine Bibliothek und einen Konferenzsaal. Jeder Saal hat einen gesonderten Platz zum Hofgang, ein Band und eine Küche.
K2 24 60-150 1446 Wie Typ K1 mit 6 Sälen und 2 Disziplinarzellen.
L 16 15084 Geschlossene Haftanstalten, die in Großstädten anstelle von alten Haftanstalten errichtet wurden. Es gibt Einheiten für 7 Personen von insgesamt 208,93 m², mit Einzelzellen von 12,45 m², offene Höfe von 65,19 m² und gemeinsamem Lebensraum von 56.59 m². Nachts werden die Zellen verschlossen, am Tage sind 7 Gefangene zusammen. Es gibt 61 Einheiten für 7 Personen, 4 Räume für je 3 Personen, 40 Einzelzellen. Es gibt ein Hauptkontrollzentrum und sechs lokale Kontrollzentren. Am Ein- und Ausgang werden Gegenstände und Nahrung durchleuchtet. Neben der Verwaltung gibt es Ärzte, Zahnärzte, Psychologen, Sozialpädagogen, Waschpersonal und Heizungsmonteur(e). Personal kann über einen beleuchteten Knopf herbei gerufen werden.
M 24 9107 Aus diesen 2-stöckigen Gebäuden im Saalsystem wurden Räume für 4, 6, 8, 10 Personen gemacht. Zu jedem Raum gehört Platz für den Hofgang. Im unteren Stockwerk sind die Essenssäle und oben die Schlafräume. Mit 6 Disziplinarzellen wird das Gebäude beheizt.
T[8] 4 616 6277 Sie traten an die Stelle von alten Vollzugsanstalten in den Großstädten. Es gibt 72 Räume für 8 Personen, 8 Räume für 3 Personen und 16 Einzelzellen mit 16 m². Die Räume von 3 Personen nehmen mit Lebens- und Schlafplätzen im Ober- und Untergeschoss 27 m² ein. Die Schlafräume für 8 Personen haben im Obergeschoss 28 m2 und als Lebensraum im Untergeschoss 32,5 m². Für den Hofgang stehen 8 Personen 35 m2 und 3 Personen 30 m² zur Verfügung. Die Sporthalle hat 494m², für den Sport im Freien gibt es 251 m², ein Mehrzweck-Aufführungssaal hat 226 m². Es gibt einen Raum für offene Besuche von 450 Besucher und geschlossene Besuche von 36 Personen sowie Anwaltsgespräche von 32 Personen. Es gibt Werkstätten, Krankenstationen und Unterrichtsräume. Am Ein- und Ausgang werden Gegenstände und Nahrung durchleuchtet. Neben der Verwaltung gibt es Ärzte, Zahnärzte, Psychologen, Sozialpädagogen, Waschpersonal und Heizungsmonteur(e). Personal kann über einen beleuchteten Knopf herbei gerufen werden.
F(o) 1 350 350 offene Haftanstalt für Frauen
F(g) Paşakapısı geschlossene Haftanstalt für Frauen; sowohl Paşakapısı als auch Bakırköy ist in Istanbul
Bakırköy 506 Bau wurde begonnen (2008); 38 Einheiten für je 12 Personen, 2 Einheiten für je 3 Personen, 44 Einzelzellen
Sincan 352 Vorort (Kreis von Ankara), 24 Einheiten für je 12 Personen, 12 Einheiten für je 3 Personen, 28 Einzelzellen
K(g) 3 366 geschlossene Haftanstalt für Kinder
K(e) 3 100-250 360 Erziehungsanstalten für Kinder; in den beheizten Erziehungsanstalten gibt es Krankenzimmer, Sportgelände und Werkstätten. Hier halten sich Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren auf. Falls eine Ausbildung begonnen wurde, kann ein Verbleib bis zum Alter von 21 Jahren erlaubt werden.
(g) 23 6277
(o) 28 6405
(o) 38 2617

Strafvollzug (Gesetz Nr. 5275)

Zusammen mit einem neuen Strafgesetzbuch und einer neuen Strafprozessordnung trat am 1. Juni 2005 das Gesetz Nr. 5275 vom 13. Dezember 2004 über den Vollzug der Straf- und Sicherheitsmaßregeln in Kraft. Dieses Gesetz und die Satzung zur Verwaltung von Strafvollzugsanstalten und den Vollzug der Straf- und Sicherheitsmaßregeln vom 6. April 2006 regeln den Strafvollzug. Darüber hinaus ist es allen Haftanstalten anheim gestellt, diese Regeln auf ihre jeweiligen Bedürfnisse anzupassen.

Laut Art. 25 des Gesetzes Nr. 5275 verbüßen Insassen, die zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe mit verschärftem Vollzug verurteilt wurden, ihre Haft in Einzelzellen. Diesen Häftlingen wird gesetzlich täglich ein einstündiger Hofgang, 15-täglich ein zehn minütiges Telefongespräch sowie ein einstündiger Besuch von Ehepartnern, Verwandten ersten Grades und Geschwistern gewährt.

Bedingte Haftentlassung

Art. 107 des Gesetzes Nr. 5275 regelt die bedingte Entlassung (Koşullu Salıverme) aus der Anstalt. Demnach können Personen, die zu einer erschwerten (mit verschärftem Vollzug) oder normalen lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt wurden, nach 30 beziehungsweise 24 Jahren entlassen werden. Die übrigen Häftlinge müssen für eine Entlassung mindestens zwei Drittel ihrer Haftdauer abgesessen haben und eine gute Führung aufweisen.

Bei Personen, auf die das Gesetz Nr. 3713 zur Bekämpfung des Terrorismus angewendet wird, gilt nach Artikel 17 dieses Gesetzes, wenn der Gefangene während der Untersuchungshaft geflohen oder später während der Haft einen Fluchtversuch unternommen oder wegen eines Aufstands gegen die Gefängnisverwaltung verurteilt wurde, er nicht bedingt entlassen werden kann. Dasselbe gilt, wenn gegen ihn dreimal ein Arrest verhängt wurde. Artikel 17 des Gesetzes schreibt des Weiteren vor, dass für diesen Personenkreis die Artikel 107 und 108 des Gesetzes 5275 zur Anwendung kommen. Der Artikel 18 des Gesetzes 5275 bezieht sich eigentlich auf Wiederholungstäter. Wiederholungstäter haben dann keinen Anspruch auf bedingte Entlassung, wenn sie zwei oder mehrere Male "rückfällig" geworden sind. Zudem müssen sie (und mithin alle nach dem Gesetz 3713 verurteilte Personen) drei Viertel (und nicht zwei Drittel wie sonstige Täter) ihrer Strafe verbüßt haben, bevor sie bedingt entlassen werden können.

Des Weiteren verfügt Absatz 16 des Artikels 107 im Gesetz 5275, dass bei Personen, die zu einer erschwerten lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt wurden, weil sie Vergehen gegen die Staatssicherheit, die verfassungsmäßige Ordnung und nationale Verteidigung begangen haben, die Bestimmungen der konditionellen Haftentlassung nicht nur Anwendung kommen. Lebenslange Haft bedeutet in diesem Fall "Haft bis zum physischen Tod".

Für Häftlinge, die zu mehreren erschwerten oder zu einer erschwerten und normalen Freiheitsstrafe verurteilt wurden, beträgt die Mindesthaft 36 Jahre. Weitere Abstufungen sind aus der u.a. Tabelle zu entnehmen. Für Personen, die wegen Gründung oder Führung einer kriminellen Vereinigung oder für innerhalb dieser krimineller Vereinigungen begangene Straftaten[9] verurteilt wurden, ist die Haftdauer für eine etwaige Entlassung aus folgender Tabelle zu entnehmen.

Freiheitsstrafe Haftdauer
(normal)
Haftdauer
("kriminelle Vereinigung")
mehrmals lebenslänglich mit verschärftem Vollzug 36 40
erschwert und normal lebenslänglich 36 40
mehrmals normal lebenslänglich 30 34
lebenslänglich mit verschärftem Vollzug und zeitig 36 40
normal lebenslänglich und zeitig 30 34
einfach lebenslänglich mit verschärftem Vollzug 30 36
einfach lebenslänglich 24 30

Wird ein Häftling bedingt entlassen, so ist er zunächst auf Bewährung. Die Bewährungszeit endet in der Regel mit Ablauf der ursprünglich abzusitzenden Haftstrafe. Zudem kann die bedingte Entlassung während dieser Bewährungszeit, etwa bei Verstößen gegen etwaige Auflagen, widerrufen werden.

Dauer der Untersuchungshaft

In der bis zum 1. Juni 2005 gültigen Strafprozessordnung (alte tStPO, das Gesetz Nr. 1402) legte der Artikel 110 die maximale Dauer der U-Haft (bis zur Eröffnung des Hauptverfahrens) auf sechs Monate fest. Nach Eröffnung des Hauptverfahrens für Vergehen, die eine maximale Strafe von sieben Jahren nach sich zogen, war eine maximale Dauer von zwei Jahren vorgesehen. Unter besonderen Bedingungen wie die Schwierigkeit der Sache oder der großen Anzahl der Angeklagten, konnte Haftentlassung angeordnet werden. Somit gab es in politischen Verfahren mit einer großen Anzahl von Angeklagten praktisch keine maximale Dauer der Untersuchungshaft.[10]

Art. 102 Abs. 1 S. 1 der neuen tStPO (das Gesetz Nr. 5271) setzt die Frist für die U-Haft bei Straftaten, für die nicht eine Kammer für schwere Strafsachen zuständig ist, auf sechs Monate fest. Die Frist kann in begründeten Fällen um vier Monate verlängert werden (Art. 102 Abs. 1 S. 2). Für Verfahren vor den Gerichten für schwere Strafsachen (Straftaten, die mit mehr als zehn Jahren Freiheitsstrafe bedroht sind) wurde eine maximale Dauer der Untersuchungshaft von zwei Jahren bestimmt (Art. 102 Abs. 2 S. 1). Diese kann in begründeten Fällen um maximal drei Jahre verlängert werden (Art. 102 Abs. 2 S. 2).

Die Verdoppelung dieser Fristen bei Vergehen, die vor den nach Artikel 250 neue tStPO eingerichteten Gerichten für schwere Strafen verhandelt werden (die Gerichte, die an die Stelle der Staatssicherheitsgerichte traten), ergibt sich aus dem letzten Absatz des Artikel 252 neue tStPO. Noch bevor diese Bestimmungen in Kraft traten, wurde am 23. März 2005 ein weiteres Gesetz mit der Nummer 5320 erlassen. Dieses Gesetz trägt den Titel „Gesetz zur Form des Inkrafttretens und der Anwendung der Strafprozessordnung“. In dem Gesetz sind verschiedene Dinge geregelt, die sich auf Vergehen und Verfahren beziehen, die vor Inkrafttreten der neuen tStPO stattfanden oder begonnen wurden. Artikel 12 des Gesetzes Nr. 5320 bestimmte, dass der Artikel 102 neue tStPO bezüglich von Straftaten wie sie in Abs. 1 lit. c beschrieben werden (das sind die politischen Delikte), am 1. April 2008 in Kraft treten sollte.[11]

Stellungnahmen internationaler Gremien

Neben Nicht-Regierungs-Organisationen wie amnesty international oder Human Rights Watch hat sich vor allem das Europäische Komitee zur Verhinderung der Folter (CPT) mit der Lage in den Gefängnissen der Türkei befasst. Ein Schwerpunkt waren die F-Typ-Gefängnisse, zu deren Bau die CPT die Türkei ermutigt hat[12] und die Situation in der Haftanstalt auf der Insel İmralı, wo seit 1999 als einziger Insasse Abdullah Öcalan, der ehemalige Vorsitzende der kurdischen Untergrundorganisation PKK, inhaftiert ist.

Am 6. März 2008 wurde der Bericht eines Besuches auf der Insel vom 19.-22. Mai 2007 publiziert.[13] Dies war der 4. Besuch auf der Insel Imralı. Am Schluss kam das CPT zu folgender Einschätzung: "Abdullah Öcalan ist nun seit fast 8,5 Jahren im Hochsicherheitsgefängnis auf der schwer zu erreichenden Insel Imralı... Vorherige Besuche des CPT hatten keine signifikanten schädlichen Folgen für die Gesundheit feststellen können. Diese Bewertung muss nun angesichts der Entwicklung der physischen und mentalen Bedingungen von Abdullah Öcalan revidiert werden."

Bei Besuchen in anderen Haftanstalten hat das CPT auf verschiedene Missstände hingewiesen. So steht beispielsweise in der Zusammenfassung eines Berichts vom 8. Dezember 2005 u.a.

  • das Personal in der geschlossenen Anstalt von Izmir (Buca) und in den E-Typ Gefängnissen von Aydın und Gaziantep sollte entschlossen daran erinnert werden, dass Misshandlung von Gefangenen nicht akzeptabel ist...
  • die türkischen Autoritäten sollen alle notwendigen Schritte unternehmen, um Programme für gemeinschaftliche Aktivitäten im F-Typ-Gefängnis 1 in Izmir zu entwickeln
  • sofortige Schritte müssen ergriffen werden, damit jeder Gefangene in den E-Typ Gefängnissen in Aydın und Gaziantep ein eigenes Bett hat
  • der Grad an Hygiene im Wohntrakt des E-Typ Gefängnisses in Gaziantep muss überprüft werden.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Siehe das türkische Wikipedia
  2. Siehe Artikel in Türkisch von Doç.Dr.Mustafa AVCI, aufgerufen am 18.08.2009
  3. AI Bericht Index: EUR/44/65/88 in Englisch
  4. Homepage des Generaldirektorats für Straf- und Haftanstalten
  5. Die Zahlen für die Jahre 1970 bis 2006 sind auf dieser Seite des DTF zu finden.
  6. In alten Gefängnissen hatten die Säle (in Türkisch koğuş, in Englisch ward oder dormitory) bis an die 50 Insassen. Die neueren Gefängnisse haben teilweise 2-3 Insassen und sind selten für mehr als 8 Personen geschaffen. Einzelzellen sind vor allem für den Fall von Disziplinarstrafen oder Arrest) gedacht.
  7. Gefängnisse vom Typ E gibt es in Adana, Adıyaman, Afyon, Amasya, Antalya, Aydın, Bitlis, Burdur, Bursa, Çanakkale, Çankırı, Diyarbakır, Elazığ, Elbistan, Erzurum, Gaziantep, Giresun, Gümüşhane, Hatay, İsparta, Kahramanmaraş, Kastamonu, Kırklareli, Kırşehir, Konya, Kütahya, Malatya, Manisa, Mardin, Mersin, Muğla, Muş, Nazilli, Nevşehir, Niğde, Ordu, Samsun, Siirt, Sinop, Sivas, Şanlıurfa, Trabzon, Uşak, Ümraniye und Yozgat
  8. Gefängnisse vom Typ T gibt es in Bakırköy Metris Nr. 1, Bakırköy Metris Nr. 2, Ümraniye und Erzurum/Oltu
  9. Das sind die Art. 77, 78, 81, 82, 188, 302–304, 307–315 tStGB
  10. Vgl. dazu die Fußnote 49 im Gutachten von Helmut Oberdiek: Rechtsstaatlichkeit politischer Verfahren in der Türkei; download bei heise.de
  11. Siehe auch den Bericht von Amnesty International Gerechtigkeit verzögert und verweigert; aufgerufen am 18.08.2009
  12. Vgl. hierzu zwei Nachrichten in der Tageszeitung Hürriyet vom 14.12.2000 und vom 17.03.2001
  13. zum kompletten Bericht in englischer Sprache